Heimtierbranche

Leckerlis gegen den Corona-Blues

Viele Halter wollen ihre Lieblinge in Krisenzeiten verwöhnen. Das beschert Zoohändlern gute Umsätze. Deutlich mehr Menschen schafften sich auch erst Haustiere an.

05.03.2021

Ob Futter oder Spielzeug: Die Branche freut sich über spendable Käufer. Foto: ©FabrikaSim/shutterstock.com

Ob Futter oder Spielzeug: Die Branche freut sich über spendable Käufer. Foto: ©FabrikaSim/shutterstock.com

Ulm. Weil draußen in der Coronakrise vieles anderes und bedrohlich ist, soll es drinnen schön kuschelig sein. Der Wunsch, sich etwas zu gönnen, was Leib und Seele gut tut, hilft auch der Heimtierbranche. Die Kunden kauften nicht nur mehr Tiere, sondern auch teureres Futter und mehr Zubehör – damit es wenigstens Hunden, Katzen, Hasen, Vögeln, Echsen und Fischen in Pandemiezeiten gut geht. Der Zoohandel jedenfalls freut sich über diesen Trend und berichtet über Rekordergebnisse.

Für die Fressnapf-Gruppe beispielsweise war 2020 ein Jahr zum Jubeln. Seit 30 Jahren gibt es das Unternehmen nun und jüngst konnte es einen Umsatzrekord verkünden. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 2,65 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 351 Millionen Euro beziehungsweise 15,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Wir verzeichnen stationär und online das größte absolute Umsatzwachstum der Unternehmensgeschichte“, sagt Unternehmensgründer Torsten Toeller.

Fressnapf gilt als Maßstab für die Marktentwicklung, weil das Unternehmen in Deutschland einen Marktanteil von etwa 25 Prozent hat, erklärt Eva Schmitt, Presse-Referentin des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF). Sie nennt ein weiteres Beispiel für die gute Entwicklung: Die an der Börse notierte Zooplus AG, Europas führender Internethändler für Heimtierprodukte, habe für die ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2020 eine Umsatzwachstumsrate von 18 Prozent verkündet. Zooplus profitierte dabei besonders von der Zunahme des Onlinehandels. Es sei schon vor Vorstellung der Branchenzahlen in einigen Wochen zu erkennen, dass es für die gesamte Branche deutliche Umsatzsteigerungen gab, auch im stationären Handel, sagt Schmidt.

Der Grund: „Der Stellenwert von Heimtieren als Familienmitglied wurde weiter gestärkt“, sagt Schmidt. Tierhalter hätten sich mehr mit ihren Tieren beschäftigt. So habe der Anteil von Familien mit Kindern unter den tierhaltenden Haushalten zugenommen. Deshalb stieg auch die Nachfrage nach interaktiven Produkten wie Belohnungssnacks und Spielzeug.

„Die Lage für Heimtiere ist gut, zumindest sehen die Halter ihre Tiere jetzt öfters“, sagt Detlev Nolte, Sprecher des Industrieverbands Heimtierbedarf . Die Zahlen spiegelten wider, dass man sich mehr um die Tiere kümmere, auch durch den Kauf teureren Futters von Markenherstellern.

Zoofachhändler gehören übrigens zu den Geschäften des täglichen Bedarfs und waren deshalb von den Schließungen nicht betroffen, wie die ZZF-Sprecherin erklärt. „Auch Tiere dürfen weiterhin verkauft werden, wenn der Sortiments- und Umsatzschwerpunkt beim Tierbedarf liegt.“ Die Nachfrage konnte während der Krise laut Verband nicht immer bedient werden. Aquarienfische zum Beispiel konnten eine Weile nicht importiert werden, weil die Flüge ausfielen, sagt Schmidt.

Nicht nur Futter, Aquarien und Spielzeug wurden verstärkt nachgefragt, auch Tiere selbst. „Wir hören von Wartelisten bei Züchtern und hohen Preisen, die für Rassewelpen bezahlt werden“, sagt Schmidt. Außerdem: „Laut unserer Populationsstudie ist der Anteil von Rassehunden gestiegen, was zeigt, dass die Menschen bereit sind, viel Geld für einen tierischen Begleiter auszugeben.“

Konkreter wurde Norbert Zajac, Chef der weltgrößten Zoofachhandlung „Zoo Zajac“, vor einigen Tagen im Berliner „Tagesspiegel“. „Wir verkaufen viel mehr Tiere als sonst“, sagte er. Das wirke sich auf die Preise aus: „Vor einem Jahr hat eine Britisch-Kurzhaar-Katze 595 Euro gekostet, jetzt sind es 1299 Euro“. Auch die Preise für Hunde hätten sich verdoppelt. „Unsere billigsten Hunde kosten jetzt 2000 Euro pro Stück.“ Und während vor der Krise im Schnitt zehn bis 15 Goldhamster pro Woche verkauft worden seien, seien es im Dezember 25 am Tag gewesen.

Mitbringtiere aus Urlaub fehlen

Ob nach der Corona-Krise aber wirklich mehr Haustiere in deutschen Wohnungen und Gärten leben, ist nicht klar zu beantworten. Detlev Nolte weist darauf hin, dass manche Quellen weggefallen sind: „Die Mitbringtiere aus dem Urlaub oder die Tierheimtiere aus anderen europäischen Ländern fehlen.“ Corona sei für viele Menschen ja auch nicht gerade mit einem höheren Einkommen verbunden. „Die Schlussfolgerung, mehr Einsamkeit durch Corona bedeute mehr Heimtiere, greift zu kurz.“

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Erstellt:
05.03.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 58sec
zuletzt aktualisiert: 05.03.2021, 06:00 Uhr

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