Stuttgart 21

Tiefbahnhof: Tübinger warten länger auf den Zug

Der neue Tiefbahnhof in Stuttgart führt wegen der längeren Umsteigezeiten zu Nachteilen für Tübingen.

18.06.2019

Von Sabine Lohr

Warten am Tübinger Hauptbahnhof: Mit Stuttgart 21 muss noch mehr Zeit einplanen, wer von Stuttgart aus weiter will. Archivbild: Hans-Jörg Schweizer

Warten am Tübinger Hauptbahnhof: Mit Stuttgart 21 muss noch mehr Zeit einplanen, wer von Stuttgart aus weiter will. Archivbild: Hans-Jörg Schweizer

Für Tübingen bringt der Bau des Stuttgarter Tiefbahnhofs mit nur acht statt wie bisher 16 Gleisen nur Nachteile. Der Zielfahrplan, der dem TAGBLATT vorliegt, zeigt, dass die Umsteigezeit in Stuttgart für alle, die von Tübingen kommen, immer 20 Minuten länger dauert als bisher. Dadurch verlängert sich die schnellste Verbindung von Tübingen nach Mannheim um zehn Minuten. Bisher muss man in Stuttgart acht Minuten auf den Zug nach Mannheim warten. Auch von Tübingen nach Karlsruhe werden Reisende ab 2030 länger brauchen, weil sie auf den Anschlusszug in Stuttgart ganze 27 Minuten warten müssen.

Der Vorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) Matthias Lieb sagte gegenüber dem TAGBLATT: „Die Fahrzeitverkürzung durch S 21 wird durch die Wartezeiten wieder eingespart.“ Und das trotz großer Wendlinger Kurve und Schnellfahrstrecke über den Flughafen.

Der VCD fordert zusätzliche Gleise zwischen Stuttgart und dem Beginn der Schnellfahrstrecke bei Zuffenhausen zur Trennung des Fern- und Regionalverkehrs, denn sonst würden die ICE-Züge Richtung Mannheim und Karlsruhe den Nahverkehr nach Heilbronn und Pforzheim ausbremsen.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, ausgewiesener S 21-Gegner, der bei den Schlichtungsgesprächen zu S21 im Jahr 2010 teilgenommen hat, sagt: „Es ist ganz einfach: Auf acht Gleisen kann man nicht 16 Züge gleichzeitig am Bahnsteig haben.“ Es sei immer klar gewesen, dass der Tiefbahnhof einen Fahrplan mit kurzen Umsteigezeiten in alle Richtungen nicht erlaubt. „Mit Stuttgart 21 kann Stuttgart nicht mehr Teil eines komplett vertakteten Bahnsystems sein, wie es die Schweiz aufgebaut hat.“ Das treffe Tübingen nicht mehr oder weniger als die ganze Region, so Palmer weiter. Er wisse aber nicht, wie man das noch ändern solle. „Die Chance, einen Bahnhof mit einer ausreichenden Zahl an Gleisen zu bauen, ist vertan.“ Leider bewahrheite sich alles: „Stuttgart 21 ist ein Milliardengrab und der Bahnhof ist zu klein.“

Nicht nur die Züge von und nach Tübingen sind betroffen, auch für andere Strecken müssen lange Wartezeiten in Kauf genommen werden. Das Aktionsbündnis gegen S 21 fordert deshalb in einer Pressemitteilung den Bahn-Aufsichtsrat und die politisch Verantwortlichen dazu auf, den Stuttgarter Bahnknoten auszubauen: „Diese Region darf nicht vom Bahnverkehr abgehängt werden, nur weil ein längst als sinnlos erkanntes Prestigeprojekt nicht mehr korrigiert werden soll“, wird Bündnissprecher Eisenhart von Loeper zitiert. „Gerade in einer Zeit, in der die etablierten Parteien im Verdacht stehen, keine ernsthaften Antworten auf die Klimakatastrophe zu haben, ist es wichtig, dass sich die politischen Akteure auch beim Thema Stuttgart 21 handlungsfähig zeigen.“

Auch die Linke hat sich geäußert. Der Parteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger aus Stuttgart schreibt: „Der gesamte Südwesten droht vom neuen Deutschlandtakt abgekoppelt zu werden.“ Und: „10 Milliarden für die Tonne – so sieht das Ergebnis von Stuttgart 21 aus.“

Laut SWR-Fernsehen sieht das Bundesverkehrsministerium keinen Handlungsbedarf. Staatssekretär Steffen Bilger wird zitiert: „Die Experten der Deutschen Bahn haben das alles genau geprüft. Und das wird funktionieren.“

Schwerpunkt im SWR

Unter dem Titel „Bahnreport“ befasst sich der SWR seit Montag mit dem Thema Bahn. Zum Abschluss sendet er am Mittwoch ab 20.15 Uhr die Dokumentation „betrifft: Der Bahnreport“. Um den Deutschland-Takt im Südwesten geht es am Dienstag in der Sendung „SWR Aktuell“.

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Erstellt:
18.06.2019, 18:10 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 38sec
zuletzt aktualisiert: 18.06.2019, 18:10 Uhr

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