Kreis Tübingen · Tierqual
Innungsmeister Egeler: Künftig ständige Überwachung im Schlachthof Gärtringen
Der Obermeister der Tübinger Fleischerinnung Günther Egeler verspricht Abhilfe bei den Missständen im Gärtringer Schlachthof.
Seit dem vergangenen Wochenende kursiert der aus stundenlangem Material auf gut zweieinhalb Minuten zusammengeschnittene Film der in München ansässigen Tierschutzorganisation im Netz. Am Montag nahm der Böblinger Landrat Roland Bernhard als Chef des zuständigen Veterinäramtes in einer Pressekonferenz Stellung zu dem Video und den Vorwürfen der „Soko-Tierschutz“. Laut Bernhard handelt es sich bei den dokumentierten Tierquälereien um „gravierende Verstöße gegen das Tierschutzrecht“. Der Landrat versprach Aufklärung.
Dass es ein Video gibt, weiß man im Landratsamt Böblingen schon seit vier Wochen, als Mitarbeiter des ARD-Fernsehmagazins Fakt dort vorsprachen. Ohne Kenntnis des Filmmaterials verweigerte das Landratsamt eine Stellungnahme, allerdings wurde die Zahl der bei den Schlachtungen anwesenden Veterinäre verdoppelt. Am Dienstag nun, so eine Landratsamtssprecherin, habe man sich mit der „Soko Tierschutz“ auf die Übergabe des kompletten Materials geeinigt. Man werde die Aufnahmen von einer „unabhängigen Stelle prüfen lassen“. Vor dem Ergebnis dieser Prüfung könne man „einen Betrieb nicht schließen“.
Schon seit 2018 drängt das Landratsamt den Schlachthofbetreiber, bauliche Mängel zu beheben. So ist in dem Film zu sehen, wie ein Schwein mit Schwung über eine steile Rampe in die Betäubungsbox schliddert und sie gleich wieder Richtung Schlachtband verlässt – ohne dass der Schlachthofmitarbeiter Zeit gehabt hätte, die Elektroschockzange anzusetzen. „Der hat Probleme gehabt, das Schwein ordentlich zu betäuben“, kommentiert Günther Egeler die Sequenz aus dem Tierschützer-Video.
Diese Schwachstelle im Schlachtablauf schnellstmöglich zu beheben, ist einer der Beschlüsse, die der Aufsichtsrat des Schlachthofs am Montagabend getroffen habe, sagt Egeler. „Wir müssen Geld in die Hand nehmen – in der Hoffnung, dass die den Schlachthof nicht schließen“, beschreibt der 63-jährige Metzgermeister den Druck, unter dem die Genossenschaft nun steht. Man habe sich auf der Krisensitzung auch „selbst den Vorwurf gemacht, dass wir zu langsam gehandelt haben“.
Künftig soll außerdem der komplette Schlachtbetrieb in Gärtringen von Videokameras „ständig überwacht werden“, so Egeler. Ebenfalls beschlossen wurde eine Reduzierung des Schlachttempos. Wurden bisher in Gärtringen pro Stunde bis zu 75 Schweine getötet, sollen es jetzt nur noch „zwischen 55 und 60“ sein. So solle der „Arbeitsdruck verringert“ werden. „Da bleibt für die Mitarbeiter und die Tiere mehr Zeit“, verspricht der Reustener Metzger.
Bisher stand der Chef der Kopfschlächtertruppe bei den Schlachtungen an dem Band, auf dem die betäubten Tiere getötet werden. In Absprache mit der Firmenleitung der Lohnschlächterei habe man im Aufsichtsrat jetzt beschlossen, dass der Zutrieb zur Betäubungsbox und die Betäubung mit der Elektrozange selbst nun „Chefsache“ sind. Auch sonst wolle man die Betriebsabläufe ändern – „auch im Zutrieb“, da also, wo ein Teil der schockierenden Aufnahmen entstanden.
Günther Egeler jedenfalls findet „schlimm, was passiert ist“. Er spricht von „totalem menschlichem Versagen“. Aber er hat dabei nicht nur die Gärtringer Metzger im Blick. Er nimmt auch die Mitarbeiter des Böblinger Veterinäramtes ins Visier und sagt: „Wenn das unter Aufsicht einer Behörde läuft, verlasse ich mich darauf, dass alles in Ordnung ist.“ Er habe sich darauf verlassen: „Wenn vier Veterinärinnen vor Ort sind, wird das überwacht.“
Drei Schlachttage
In Gärtringen werden Tiere aus einem Einzugsgebiet von maximal 50 Kilometern geschlachtet. Montags lassen hier zwischen 350 bis 400 Schweine ihr Leben, mittwochs 100 und freitags 300. Dazu kommen montags und freitags ingsgesamt zwischen 60 und 70 Rinder. Außerdem werden hier auch Lämmer und Schafe zur Schlachtbank getrieben. Geschlachtet wird auf Bestellung der Metzger aus der Region.