Corona-Verordnung und Kultur

Konzerte: Mit Skepsis in die Normalität

Bis zu 5000 Menschen dürfen laut der Corona-Verordnung Auftritte besuchen. Allerdings mit Maske. In den Clubs gibt es Zweifel an dem neuen Konzept.

21.08.2021

Von Julia Horn

Wenn alles glatt läuft, tritt Róisín Murphy diesen Herbst im Stuttgarter Club Wizemann auf  vor über 1000 Menschen. Foto: Stefan M Prager/Imago

Wenn alles glatt läuft, tritt Róisín Murphy diesen Herbst im Stuttgarter Club Wizemann auf vor über 1000 Menschen. Foto: Stefan M Prager/Imago

Stuttgart/Ulm/Konstanz/Schorndorf. „Die Menschen sind ausgehungert“, sagt Andrea Kostka, Geschäftsführerin der Manufaktur in Schorndorf. Und jetzt, endlich, kann sie ihnen wieder das bieten, was gefehlt hat: die Vibration des Basses unter den Füßen, Besucher, die dicht an dicht stehen, jubeln, singen, tanzen. In dem Kulturzentrum hat bereits ein Indoor-Konzert stattgefunden – ohne Abstand konnten die Besucher der japanischen Psychedelic-Rock-Band Kikagaku Moyo lauschen. Damit habe wenige Tage vorher niemand gerechnet. Umso größer ist die Freude.

Dass Konzerte wieder zu dem werden können, was sie mal waren – zumindest fast – macht die Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg vom 16. August möglich. Sie orientiert sich an der sogenannten 3G-Regel: Wer genesen, getestet oder geimpft ist, darf mit entsprechendem Nachweis und einem Mund-Nasen-Schutz Indoor-Konzerte mit bis zu 5000 Menschen besuchen. Für kleinere Veranstaltungsorte bedeutet das: Sie können wieder unter Vollauslastung öffnen.

Auch die Manufaktur kann zu ihrer üblichen Zuschauerkapazität von 400 Menschen zurückkehren. Personell könne der Club das stemmen, sagt Kostka: Es gebe 15 bis 20 Ehrenamtliche, die einspringen können. Gegen die Maskenpflicht habe es bei der ersten Veranstaltung keine Widerstände gegeben. „Hauptsache wieder Anregung von außen und soziale Kontakte.“ Sie sei sich ziemlich sicher, dass alle geplanten Konzerte im Herbst stattfinden, sagt Kostka.

Ersatztermine im Jahr 2022

Weniger optimistisch blickt Adrian Rippel vom Kulturladen Konstanz auf den Herbst. Geplant habe der Kula ganz normal. Aber: „Ich bin skeptisch, weil die Zahlen wieder hochgehen.“ Zwar orientiere sich die neue Regelung nicht an der Inzidenz, aber „mal sehen, was die Regierung sagt, wenn die Zahlen wieder bei 200 oder mehr liegen“. Rippel hofft, im Fall erneuter Restriktionen eine Entschädigung aus den Sonderfonds für Kulturveranstaltungen des Bundes zu bekommen (siehe Info). Komplett ausverkaufte Konzerte hält er für unwahrscheinlich. „Ich befürchte, dass die Maskenpflicht Besucher abschreckt.“ Viele Künstler hätten bereits Ersatztermine fürs Jahr 2022 festgelegt.

Diese Erfahrung macht auch Stefanie Held, Marketingmitarbeiterin im Stuttgarter Live-Club Wizemann. Sie hat den Eindruck, dass viele Künstler sich nicht auf die neuen Regeln verlassen wollen. Einige Bands tendierten dazu, ihre Tourneen erneut zu verschieben. Ein Problem sei, dass in den Bundesländern verschiedene Regeln gelten. Noch habe aber niemand abgesagt: Deutschrocker Heinz Rudolf Kunze, Rapper Prinz Pi oder Elektro-Pop-Queen Róisín Murphy stehen auf dem Herbstprogramm des Wizemann. Auch im Roxy Ulm hofft man auf einen gemeinsamen Beschluss der Ministerpräsidenten und des Bundes – ohne „hochgradig unterschiedliche Regelungen“. Dass nun 5000 Menschen die Konzerte besuchen dürfen, „kam kurzfristig und überraschend“, sagt Anna Kiehl, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Roxy, in das maximal 1200 Besucher passen. Für die Mitarbeiter werde es sicher herausfordernd. Um die Kontaktdaten zu erheben, müsse zusätzliches Personal eingeplant werden. „Aber es ist auf jeden Fall zu bewerkstelligen.“

Und was, wenn doch ein Corona-Fall auftritt, so wie kürzlich in Ravensburg? „Ganz auszuschließen ist das natürlich nie“, sagt Kiehl. Wie viele Menschen dann in Isolation müssten, hänge vom Einzelfall ab, so das zuständige Landratsamt. Entscheidend sei etwa der Impfstatus der betroffenen Personen.

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Erstellt:
21.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 34sec
zuletzt aktualisiert: 21.08.2021, 06:00 Uhr

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