FC Schalke 04

Kompromiss mit Nachwirkung

Aufsichtsratschef Clemens Tönnies lässt sein Amt drei Monate ruhen und macht dann weiter. Fans und Politiker kritisieren Entscheidung als „verheerendes Zeichen“.

08.08.2019

Von SID

Pausiert drei Monate: Clemens Tönnies. Foto: Ina Fassbender/dpa

Pausiert drei Monate: Clemens Tönnies. Foto: Ina Fassbender/dpa

Eine knappe Stunde vor Mitternacht brauste Clemens Tönnies in seinem silbergrauen Mercedes mit Fahrer davon. Der Aufsichtsratschef des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 kam bei der viereinhalbstündigen Sitzung des Ehrenrates mehr als glimpflich davon: Keine Rote Karte für den Klub-Patron, kein Vereinsausschluss, nur eine selbst gewählte, mehr symbolische Sanktion.

Der Rassismus-Vorwurf gegen Tönnies sei unbegründet, verkündete der Ehrenrat. Der 63-jährige Tönnies formulierte selbst das Ausmaß seiner Bestrafung: Er lässt seinen Posten drei Monate ruhen. Danach soll alles wieder Friede, Freue, Eierkuchen sein auf Schalke 04, obwohl der milliardenschwere Fleisch-Großfabrikant mit seinen rassistischen Aussagen für einen Sturm der Entrüstung durch Politik, Ex-Profis und Medien gesorgt hatte. Der Schalke-Boss hatte die Finanzierung von Kraftwerken in Afrika empfohlen und wortwörtlich gesagt: „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn?s dunkel ist, Kinder zu produzieren.“

Dunkelhäutige Ex-Profis wie Gerald Asamoah, Hans Sarpei oder Cacau hatten Tönnies harsch kritisiert. Dass der Klub-Chef mit seinem Statement gegen das am 3. Juni 2012 verabschiedeten Leitbild der Königsblauen verstieß, war nach Ansicht des Ehrenrates nicht ausreichend, um eine eigene Sanktion auszusprechen. Im Leitbild heißt es unter Punkt 8: „Von uns Schalkern geht keine Diskriminierung oder Gewalt aus. Wir zeigen Rassismus die Rote Karte und setzen uns aktiv für Toleranz und Fairness ein.“

Vereinsaustritte angekündigt

An der Schalker Basis brodelt es dementsprechend. „Ich halte Clemens Tönnies in seiner Rolle für den Verein, in seiner sehr sichtbaren, großen, tragenden Rolle, nicht mehr für tragbar“, sagte Susanne Franke, Vorstand der Schalker Fan-Initiative. SPD-Politikerin Dagmar Freitag kritisierte die Schalker Vorgehensweise und forderte den DFB zum Handeln auf. „Solche Entgleisungen sind ein Tabubruch ohne Skrupel (...). Ihre Wirkung in die Gesellschaft, die sie haben, ist – insbesondere in diesen Zeiten – verheerend“, betonte die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag.

Freitag verlangte vom DFB, deutlicher Kritik zu üben. Sie erinnerte an den Fußball-Slogan Say no to Racism – Sage nein zu Rassismus. „Alleine das müsste den DFB natürlich in seiner Linie bestärken, eine klarere Haltung zu finden“, äußerte Freitag.

Dass Tönnies Ungemach vonseiten der unabhängigen DFB-Ethikkommission droht, die am 15. August das Thema Tönnies diskutieren wird, erscheint unwahrscheinlich. Vom Ablauf her kann die DFB-Ethikkommission ohnehin keine Sanktionen aussprechen. Sie kann nur Untersuchungen einleiten und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage bei der Ethik-Kammer des Sportgerichts erheben. „Das ist der rein technische Ablauf“, sagte der Vorsitzende der Ethikkommission, Nikolaus Schneider (71).

In den Sozialen Medien gab es überwiegend sehr kritische Reaktionen auf die Entscheidung des Schalker Ehrenrates, Vereinsaustritte wurden ebenfalls angekündigt. Es dürfte auch in den nächsten Tagen und Wochen nicht ruhiger bei den Königsblauen werden. sid

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Erstellt:
08.08.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 23sec
zuletzt aktualisiert: 08.08.2019, 06:00 Uhr

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