Lebensmittel

Kommt jetzt die Öko-Ampel?

Lidl testet als erster deutscher Händler ein Nachhaltigkeits-Label auf Preisschildern. Experten halten das für einen falschen Ansatz.

26.04.2021

Von CAROLINE STRANG

Tee bekommt eine bessere Bewertung als Joghurt und Kaffee: Beispiele für den neuen Eco-Score. Foto: Lidl

Tee bekommt eine bessere Bewertung als Joghurt und Kaffee: Beispiele für den neuen Eco-Score. Foto: Lidl

Neckarsulm. Die Öko-Ampel leuchtet in fünf Farben – von einem grünen A für die geringsten Einwirkungen auf die Umwelt bis hin zu einem roten E für sehr große Auswirkungen auf unseren Planeten. Die Gestaltung und Konzeption erinnert an den Nutri-Score, der seit Herbst vergangenen Jahres auf vielen Lebensmitteln auf den Nährwertgehalt hinweist. Der Discounter Lidl will die Einführung des „Eco-Score“ nun als erste deutscher Händler in einer zweistufigen Testphase erproben.

„Wir möchten unseren Kunden eine bewusste und nachhaltigere Kaufentscheidung ermöglichen“, erklären die Verantwortlichen bei Lidl. Zuerst wolle man in den nächsten Wochen mit Vertretern aus Gesellschaft, Verbänden und Politik über den „Eco-Score“ diskutieren. Dann sollen die Preisschilder verschiedener Produkte vorerst nur in den Berliner Filialen mit dem Eco-Score ausgestattet werden. Anschließend könnte das Projekt auf ganz Deutschland ausgerollt werden.

Die Einteilung in die vertrauten Ampelfarben sei sinnvoll, da diese Skala intuitiv für alle Menschen zu verstehen sei, meint Jana Fischer, Nachhaltigkeitswissenschaftlerin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Solche ohne spezielles Hintergrundwissen verständlichen Labels haben einen größeren Effekt auf das Einkaufsverhalten der Verbraucherinnen und Verbrauchern als Angaben in Zahlen oder als Labels die, keine intuitiv verständliche Symbolik nutzen.“ Optisch seien Nutri-Score und Eco-Score leicht zu unterscheiden, da die visuelle Gestaltung unterschiedlich sei.

Auch die Ausrichtung sei nachvollziehbar, ob das Gesamtergebnis immer eine sinnvolle Aussage ergebe, müsse man prüfen, sagt Fischer. Der Eco-Score berücksichtige den kompletten Produktlebenszyklus, von der Herstellung bis zur Entsorgung. Somit bilde er die Auswirkungen auf allen Ebenen der Produktionskette ab – mit unterschiedlicher Gewichtung. „So entsteht ein umfassendes Bild der ökologischen Auswirkungen eines Produktes“, sagt Fischer. Die einbezogenen Umweltauswirkungen sowie die Datenbank, aus der die Daten stammen, seien online einsehbar.

Angesichts der Vielzahl an Siegeln, Labeln und Scores droht allerdings zunehmend Verwirrung. Das bemängelt auch die Verbraucherzentrale. „Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass wenige möglichst gesetzlich verankerte Siegel auf dem Markt sind, um einen Wildwuchs zu vermeiden“, sagt Fischer. Leider gehe die Politik hier nicht voran, sondern werde häufig von Labels der Industrie oder des Handels vor vollendete Tatsachen gestellt. „Einheitliche Labels, die verpflichtend auf allen Lebensmitteln zu finden wären, würden für die Verbraucherinnen und Verbraucher ein hohes Maß an Transparenz schaffen.“ So könne außerdem vermieden werden, dass Hersteller, die besonders unökologische oder besonders ungesunde Produkte anbieten, sich nicht labeln und so einem Vergleich mit der nachhaltigeren oder gesünderen Konkurrenz entziehen.

Manuel Wiemann, Experte für Kennzeichnung bei Foodwatch, geht mit seiner Kritik noch einen Schritt weiter. „Wir halten das für keine Lösung, sondern für einen Teil des Problems. Denn dadurch muss ich als Verbraucher am Regal entscheiden, ob ich mit meinem Einkauf das Klima schützen möchte.“ Die Verantwortung dafür dürfe aber nicht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern liegen, sondern bei der Politik. „Wir brauchen Gesetze, durch die klima- und umweltschädliche Produktion unrentabel wird.“ Produkte, die klimaschädlich sind, sollten am Regal teurer sein, fordert er. Man sollte nicht vor der Wahl stehen zwischen einem teuren klimafreundlicheren oder einem billigeren klimaschädlichen Produkt. Initaitiven wie der Eco-Score seien vielleicht gut gemeint, aber: „Im Endeffekt kann das sogar dazu führen, dass Gesetzgebungsprozesse schleppender laufen.“

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Erstellt:
26.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec
zuletzt aktualisiert: 26.04.2021, 06:00 Uhr

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