Kabinett Kretschmann III

SWP-Leitartikel: Köpfe für neue Politik?

Vor fünf Jahren hatte CDU-Landeschef Thomas Strobl mit der Benennung der Unternehmerin Nicole Hoffmeister-Kraut als Wirtschaftsministerin einen Coup gelandet. Diesmal überrascht der 61-Jährige mit dem Gesamttableau: Erstmals bietet die CDU mehr Ministerinnen als Minister auf.

11.05.2021

Von ROLAND MUSCHEL

Nimmt man den Wechsel an der Spitze der Fraktion, die nun der 33-jährige Manuel Hagel führt, und die neue, genauso junge CDU-Generalsekretärin Isabell Huber mit in den Blick, so hat Strobl die von der Basis geforderte Erneuerung geliefert. Damit nimmt sich der 61-Jährige auch selbst aus der Schusslinie.

Den stärksten Akzent setzt der grüne Regierungschef Winfried Kretschmann mit dem Finanzminister. Wenn sich der 37-jährige Danyal Bayaz an der zentralen Schaltstelle bewährt, steigt er automatisch in den kleinen Kreis möglicher Kretschmann-Nachfolger auf. Bislang gilt der mit einem überragenden Votum bestätigte Fraktionschef Andreas Schwarz als erster Anwärter. Zugleich bedeutet Bayaz' Wechsel ins Landeskabinett, dass sich sein Förderer Cem Özdemir endgültig für Berlin und gegen die Möglichkeit entschieden hat, selbst in Stuttgart die Nach-Kretschmann-Ära zu prägen. Noch ist die Nachfolgefrage Zukunftsmusik, sie wird aber schon mitgedacht. Der Ministerpräsident startet mit der Autorität des klaren Wahlsiegs in seine letzte Amtszeit. Aber auch als Getriebener der Erwartungen beim Klimaschutz.

Personen prägen Politik, die Kabinettsliste ist so wichtig wie der Inhalt des Koalitionsvertrags. Denn die Vereinbarung hat wichtige Entscheidungen vertagt und damit in die Hände der Regierungsmannschaft gelegt. Der Haushaltsvorbehalt gilt auch für die Klima- und die erstmals von einer grünen Ministerin, Theresa Schopper, verantwortete Schulpolitik. Damit hadert die grüne Partei, die auf Bundesebene an der Schuldenbremse rüttelt. Auch Bayaz hat bislang für eine Neuausrichtung der Finanzpolitik geworben. Es wird eine der spannenden Fragen sein, ob er sich in neuer Funktion Kretschmanns Kurs der strikten Haushaltsdisziplin beugt – oder der Regierungschef dem Druck seiner Partei.

Allein mit Ordnungspolitik jedenfalls wird das ausgerufene „Klimaland“ nicht zur internationalen Blaupause werden. Die neue Umweltministerin Thekla Walker steht vor der vielleicht größten Herausforderung, sie muss in Zeiten knapper Kassen das Kleingedruckte zu den schönen Überschriften liefern. Dabei kann sie die ambitionierten Ziele beim Ausbau von Windkraft oder Flächenphotovoltaik ohne aktives Mittun der CDU-geführten Ministerien für Landwirtschaft, Wirtschaft oder Landesentwicklung schwerlich erreichen.

Ein zusätzliches Ressort, weitere Staatssekretärsposten: Das größte Ärgernis am neuen Kabinett ist seine Aufblähung. Für jede neue Ausgabe solle eine alte gestrichen werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Beim Personal hätten Kretschmann und Strobl den Beweis antreten können, die Chance haben sie verpasst.

leitartikel@swp.de

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Erstellt:
11.05.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 11.05.2021, 06:00 Uhr

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