Tübingen · Nachruf

Klavierbaumeister Bernhard Stopper: Ein Freund im Klang

Der Musiker Dizzy Krisch zum Tod des Klavierbaumeisters Bernhard Stopper.

14.08.2021

Von ST

War seit 1988 selbständiger Klavierbauer und -stimmer im Raum Tübingen: Bernhard Stopper.Archivbild: Ulrich Metz

War seit 1988 selbständiger Klavierbauer und -stimmer im Raum Tübingen: Bernhard Stopper. Archivbild: Ulrich Metz

Wir hatten zusammen einen „Stopperakkord“, den ich jedesmal, wenn ich Bernhard im Laden besuchte, auf seinen Flügeln und Klavieren, die da standen, spielte. Wenn dieser Akkord eine breite Ruhe ausstrahlte, dann war die Stimmung und das Instrument eine Einheit, und wenn diese Einheit dann noch auf ein Tor zur einer tiefen Weite einer ganzen Klanglandschaft hinwies, waren wir beide glücklich.

Die Suche nach dem Klang war ein zentrales Thema. Seine Errungenschaften auf diesem Gebiet sind inzwischen in der Welt der Musik feste Werte. Welch ein Glück für mich, immer wieder über die neuen „Entdeckungen“ von Bernhard quasi aus erster Hand unterrichtet worden zu sein. Ich verstand nichts von den komplexen theoretischen Formeln, die er mir klarmachen wollte, aber ich hörte „seinen“ Klang und war begeistert.

Angefangen hatte alles, als wir unser ausgeliehenes Klavier zurückgeben mussten. Ich suchte nach Ersatz, stieß auf Bernhards Klaviergeschäft im ehemaligen Economat und war kurze Zeit später stolzer Besitzer nicht eines Klavieres, sondern eines Flügels.

Seit dieser Zeit spielte ich viele Male in seinen Verkaufsräumen, nicht nur im Economat, auch in seinen Räumen an der Blauen Brücke, im Museum und zum Schluss im Handwerkerpark. Sehr schnell lernten wir gegenseitig unsere Klangvorstellungen gegenseitig zu erkennen und zu schätzen. Es war einfach wunderbar, Bernhard Stopper als Fachmann bei Konzerten um sich zu wissen. So auch zum Beispiel bei den Jazzclub-Konzerten im SWR-Studio, bei dem ich einst die Ehre hatte, als Erster überhaupt öffentlich auf einem Flügel mit der sensationellen Stopperstimmung zu spielen.

Bei den vielen Stimmterminen, zu denen er seit rund 30 Jahren zu mir nach Hause kam, gab es immer auch Gelegenheit zum freundschaftlichen Dialog. Sein Stolz auf seine Arbeit und seine Familie hat er mir immer wieder kundgetan.

Die Musikwelt verliert mit ihm einen genialen Erfinder und Entdecker, ich einen Freund im Klang.Dizzy Krisch

Die Stopperstimmung

Auf seiner Homepage gibt es ein Video, in dem der große Grigory Sokolov in Kansas City mit hörbarem Behagen Bach auf einem Konzertflügel mit patentierter „Stopperstimmung“ spielt. Diese gleichstufig temperierte Klavierstimmung, die Bernhard Stopper schon in jungen Jahren entwickelte, hat sich innerhalb 30 Jahren zum Standard auf den Konzertbühnen weltweit entwickelt. Sie beruht auf reinen Duodezimen (also der Oktave plus Quinte), wurde als Stimm-App angeboten oder nach Gehör mit der „OnlyPure“-Methode verbreitet. Stopper praktizierte sie nicht nur selber, sondern lehrte sie in Vorträgen und Seminaren. Jetzt ist er knapp 60-jährig völlig überraschend gestorben.

Zum Artikel

Erstellt:
14.08.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 17sec
zuletzt aktualisiert: 14.08.2021, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!