Rottenburg · Coronavirus

Kino halbiert, Konzerte gestrichen, Kinderkleiderbörsen abgesagt

Eine Menge Veranstaltungen fallen wegen der Corona-Epidemie aus. Für viele Organisatoren bedeutet das Einbußen.

13.03.2020

Von Melanie Halm, Hete Henning

Im Diözesanmuseum steht Desinfektionsmittel bereit. Bild: Hete Henning

Im Diözesanmuseum steht Desinfektionsmittel bereit. Bild: Hete Henning

Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, hat die Stadt Rottenburg verfügt, dass vom heutigen Freitag bis zum 6. April jegliche Veranstaltungen mit mehr als 300 Personen verboten sind (wir berichteten). Am Donnerstag lief daraufhin eine Vielzahl von Absagen beim TAGBLATT ein (siehe Artikel auf der vorigen Seite).

Elmar Bux zum Beispiel musste das Programm seines Waldhorn-Kinos einschränken. Die beiden für März geplanten Kabarettveranstaltungen mit Luise Kinseher und Uli Keuler fallen aus. „Das Publikum wird ausbezahlt, der Vertrag mit den Kleinkünstlern aufgelöst“, so Bux. Die Termine sollen nachgeholt werden, doch für einen neuen Vertrag sei es noch zu früh.

Wegen der städtischen Verfügung, dass Veranstaltungsräume bis 6. April nur mit der Hälfte der sonst erlaubten Personenzahl belegt werden dürfen, kann Kino-Betreiber Bux sich auf finanzielle Einbußen gefasst machen. Der Saal im Waldhorn hat 132 Sitzplätze, deshalb darf er maximal 66 Karten für Filmvorstellungen verkaufen. Die Gäste, sagt er, werden dann versetzt im Raum verteilt. Für den finanziellen Schaden komme keine Versicherung auf. „Der Betrieb läuft ja weiter. Wir hoffen auf einen Fonds, der uns wirtschaftlich stützt“, sagt Bux.

Die Rottenburgerin Elke Ursinus, die Woche für Woche einen oder mehrere Band-Auftritte in Kneipen organisiert, hat für dieses Wochenende drei Veranstaltungen abgesagt. Weder die Jam-Session im „Schwarzen Adler“ noch die Konzerte der Strummingbirds im „Old Hamburg“ und der Gruppe Mandowar im „Haus der Bürgerwache“ werden über die Bühne gehen. „Ich hab’ davon keinen Nachteil“, so Ursinus, „ich hab’ niemandem was versprochen, ich mach’ auch keine Verträge.“ Sie versuche aber, Ersatztermine zu finden. Die 300-Personen-Grenze erreichen ihre Veranstaltungen selten. Aber, so sagt sie: „Nachher erkrankt jemand, und dann bin ich der Depp. Deshalb füge ich mich der höheren Gewalt.“

Der Förderverein „Lebendiges Dorf“ Eckenweiler hat vorsorglich seinen Kinderkleidermarkt am 28. März abgesagt. „Wir mussten per Mail oder WhatsApp alle Helfer kontaktieren und unsere Plakate und Flyer wieder einsammeln“, berichtet Nicole Siskos. Einen Ersatztermin werde es nicht geben, „die Sommerkleider bleiben jetzt bis 2021 im Schrank“. Das sei blöd für die Verkäufer und auch für die Eltern, die fest damit gerechnet hatten, sich mit passenden Sachen für ihre Sprösslinge eindecken zu können. „Aber ganz klar, die Gesundheit geht vor“, so Siskos.

Leberkäse wieder abbestellt

Während der Kinderkleidermarkt in Eckenweiler ein ganz kleiner ist, ist der Kinderkleiderbasar in der Breitwiesenhalle im benachbarten Ergenzingen mit regelmäßig 300 bis 500 Besuchern ein sehr großer. Am Samstag hätte er stattfinden sollen, am Mittwoch entschied sich der Förderverein Kreatives Ergenzingen, ihn ausfallen zu lassen. Die Zeitungsannoncen habe sie bis gestern früh um 8 Uhr noch rechtzeitig absagen können, erzählt Stefanie Giobbe, „sonst hätten wir um die 600 Euro bezahlen müssen“.

Den hundert Verkäuferinnen habe sie per Mail abgesagt und dafür zwei bis drei Stunden am Rechner gesessen, ihr Telefon läute seit Mittwoch unentwegt. Giobbe: „Ich hab’s zeitweise ausgeschaltet“. Außerdem galt es, Plakate abzuhängen und den Leberkäse samt Weckle und Getränken wieder abzubestellen – das sei ohne Folgekosten gegangen, „die Leute kennen uns, das ist unser Vorteil“. Dennoch gehe dem Förderverein durch die abgesagte Veranstaltung „einiges an Geld verloren“. Miete für die Halle falle nicht an: Wie in Eckenweiler ist sie für Kinder- und Jugendveranstaltungen kostenlos.

„Ja, wir sagen ab“, verkündet Judith Wendel vom Kulturverein Zehntscheuer gestern, bevor wir am Telefon überhaupt unsere Frage gestellt haben. „Die Ereignisse überschlagen sich“, sagt Wendel, „wir haben uns am Donnerstag früh entschieden.“ Das Konzert mit der Violinistin Nurit Stark und dem Pianisten Severin von Eckardstein am kommenden Sonntag in der Zehntscheuer hätte ohnehin nur mit der halben Bestuhlung laufen können. Sie habe die Ticket-Agenturen und auch die Abonnenten über die Absage informiert, so Wendel, außerdem gelte es, „überall Absage-Streifen über die Plakate zu kleben“.

Konzert nein, Ausstellung ja

Bereits verkaufte Tickets behalten für den noch offenen Ersatztermin Gültigkeit. Wer dann keine Zeit habe, bekommt laut Wendel sein Geld zurück. Eine Gagenforderung der Künstler für das ausgefallene Konzert werde wohl nicht kommen, „ich denke, dass wir das mit dem Ersatztermin auf dem Kulanzwege hinkriegen.“

Anders hält es der Kulturverein Zehntscheuer mit der Ausstellung „Dekade in Schwarz“ mit Werken von Marcus Fauser in der Zehntscheuer. „Die läuft noch zehn Tage“, sagt Wendel, „da gibt es keine größeren Menschenansammlungen, da bin ich jetzt entspannt.“

Das Diözesanmuseum richtet sich derweil nach den staatlichen Museen. „Wenn die schließen, werden wir auch schließen“, teilt Kustodin Melanie Prange gestern Vormittag mit. Die Veranstaltungen jedoch, ließ sie am Nachmittag wissen, fallen im März bis auf eine flach: Nach dem Vortrag über Gartenidyllen auf Tafelbildern des Mittelalters am kommenden Sonntag ist erstmal Schluss. Die Führung durch die Sülchenkirche am Sonntag ist gestrichen. Das Museum selbst bleibt geöffnet – vorerst. „Wir haben Warnhinweise ausgehängt und Desinfektionsmittel bereitgestellt“, sagt Prange.

Die Stadt Rottenburg hat die für Samstag, 14. März, geplante Stadtputzete sowie den Warentauschtag am 21. März, die Fahrradversteigerung am Samstag, 28. März, und den Jahresempfang am Freitag, 3. April, in der Festhalle gestrichen. Das gemeinschaftliche Saubermachen in der Innenstadt falle zwar aus, sagt die Umweltbeauftragte Hannah Wagner. Der Müllcontainer auf dem Marktplatz bleibe jedoch bis Samstag, 12 Uhr, stehen. „Wer eigenverantwortlich sammeln möchte, kann den Abfall dort hinein werfen.“

Die Absage des mittlerweile 30. Warentauschtags bereitet Wagner zufolge keine größeren organisatorischen Probleme. Die Waren seien ja noch nicht angeliefert. Die Möglichkeit, ausgediente Sachen über die Rubrik „Verschenken statt wegwerfen“ in den „Rottenburger Mitteilungen“ loszuwerden, bestehe weiterhin. Während der Termin für den Warentauschtag 2021 bereits steht (13. März), sei fraglich, wann es einen Ersatztermin für dieses Jahr geben wird. „Eine Aussage dazu wäre vermessen. Wir wissen ja gar nicht, wie sich die Situation weiter entwickelt.“

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Erstellt:
13.03.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 59sec
zuletzt aktualisiert: 13.03.2020, 01:00 Uhr

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