Experte zu Coronavirus

„Kein Grund zur Sorge“

Der Erreger aus China greift weiter um sich. Immer mehr Länder melden Infektionen und Verdachtsfälle. Ein Experte rät jedoch zu Gelassenheit.

28.01.2020

Von MAX PRADLER

Trotz aller Anstrengungen breitet sich der neuartige Coronavirus in China weiter aus. Foto: STR/afp

Trotz aller Anstrengungen breitet sich der neuartige Coronavirus in China weiter aus. Foto: STR/afp

Wuhan. Mehr und mehr Infizierte und bisher 56 Todesfälle: Der neuartige Coronavirus aus China breitet sich weiter aus – und schürt Ängste. Doch wie gefährlich ist der neue Erreger wirklich? Zur Besonnenheit rät der Virologe Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit. Der 40-Jährige leitet seit 2010 das Kooperationszentrum der WHO für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren am Institut für Tropenmedizin in Hamburg.

Das Wichtigste vorab: Muss sich die Bevölkerung vor dem Coronavirus fürchten?

Jonas Schmidt-Chanasit : Nein, definitiv nicht. Der Virus ist derzeit noch relativ unbekannt und alles, was neu ist, ist für den Menschen erst einmal angsteinflößend. Aber wir verfallen ja auch nicht jährlich wegen der Grippewelle in Panik, dabei ist die Sterblichkeitsrate bei der Influenza im Vergleich deutlich höher.

Was genau ist denn der Virus und was macht ihn aktuell so unberechenbar?

Der neuartige Virus gehört wie „Mers“ und „Sars“ zur Familie der Coronaviren. Diese sind bereits seit Mitte der 60er Jahre bekannt und können bei Säugetieren, Vögeln und Fischen unterschiedliche Erkrankungen verursachen. Es gibt hunderte verschiedene Coronaviren. Logischerweise gibt es bei uns aber nicht genau diesen Virus, der nun in Wuhan aufgetreten ist. Da er erst frisch ausgebrochen ist, hat alles eine gewisse Dynamik und ist noch nicht ganz durchschaubar. Aber die Experten beobachten den Verlauf intensiv.

Wie wird der Virus übertragen?

Ähnlich wie bei der Grippe durch Tröpfcheninfektion, also über die Luft. Dies geschieht durch Tröpfchenbildung beim Sprechen über den Speichel, oder beim Niesen und Husten. Zur Infektion kommt es, wenn die Erreger anschließend von einem anderen Menschen eingeatmet oder über die Schleimhäute der oberen Luftwege aufgenommen werden.

Was sind die Symptome nach einer Infektion?

Der Krankheitsverlauf ist stark vergleichbar mit dem einer Grippe, sprich Husten, Schnupfen, Atemprobleme und Fieber. Schlimmstenfalls entsteht daraus eine Lungenentzündung – so wie bei den meisten bekannten Todesfällen bisher, bei denen vor allem ältere und geschwächte Menschen durch eine Lungenentzündung ums Leben kamen.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Coronavirus demnächst auch nach Deutschland gelangt?

Sehr groß. Das lässt sich aber auch gar nicht verhindern, da täglich zahlreiche Urlauber oder Geschäftsreisende aus Asien zurückkommen. Aber das ist kein Grund zur Sorge. Die Ärzte und Kliniken sind diesbezüglich hoch aufmerksam und bestens darauf vorbereitet. Sollte es so weit sein, heißt es: Diagnostizieren, reagieren und isolieren, damit sich der Virus nicht verbreitet.

Wie kann man sich schützen?

In erster Linie die Hände regelmäßig mit Seife waschen und Abstand zu kranken Personen halten. Wem das nicht genügt, der kann zusätzlich auch noch Schutzhandschuhe tragen.

Ist der Coronavirus behandelbar?

Bisher gibt es nichts, das den Virus komplett bekämpft. Betroffene bekommen allerdings fiebersenkende Mittel. Diese helfen jedenfalls insofern, dass man nicht in Lebensgefahr gerät.

Angenommen, man hat nun plötzlich Symptome einer Grippe und ist verunsichert – wie soll man agieren?

Auf jeden Fall nicht in Panik verfallen. Einfach zum Arzt gehen, so wie man es immer tun würde. Sollten die Influenza-Tests dann keinen Aufschluss über eine Grippe geben, würde anschließend der Labortest zum Coronavirus folgen. Aber wer keinen Bezug zu Menschen hat, die kürzlich in China waren, braucht eigentlich keine Angst zu haben.

Ihr Tipp zum alltäglichen Umgang mit dem Virus?

Einfach alles so beibehalten wie immer und sich gedanklich keinesfalls in die Thematik hineinsteigern.

Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Foto: PR

Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Foto: PR

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Erstellt:
28.01.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 28.01.2020, 06:00 Uhr

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