Tübingen

Kalender will kein Fleisch mehr verkaufen

Tuncay Kalender schließt nächste Woche seinen Döner-Kebab-Laden an der Ecke Mühlstraße, Gartenstraße. Aber er macht mit etwas anderem weiter.

21.02.2019

Von Sabine Lohr

Tuncay Kalender bietet nur noch eine Woche lang Döner und Pizza an. Dann wird umgebaut.Bild: Ulrich Metz

Tuncay Kalender bietet nur noch eine Woche lang Döner und Pizza an. Dann wird umgebaut.Bild: Ulrich Metz

Wer gerne Kalender-Döner isst, sollte das spätestens am Donnerstag, 28. Februar, noch einmal tun. Denn danach wird es die legendären fleischgefüllten Fladenbrote an der Ecke Mühlstraße / Gartenstraße nicht mehr geben: Tuncay Kalender will kein Fleisch mehr verkaufen und schließt seinen Imbiss.

Vier Wochen lang wird dann umgebaut – zu einer Überraschung. Kalender will nicht verraten, was er vorhat, verspricht aber etwas Besonderes, wenn auch nicht ganz Neues. „Ohne Fettgestank und kein Essen im herkömmlichen Sinn.“ Nachhaltig soll der neue Laden sein, was vor allem bedeutet, dass es kaum noch Plastik geben wird. Das gilt auch fürs Café Primer nebenan, das ebenfalls Kalender gehört. Die Plastikbecher und Trinkhalme sollen durch welche aus Maismehl oder auf Milchsäurebasis ersetzt werden. „Die zersetzen sich einfach.“ Er will Müll vermeiden, keine Alufolie mehr verwenden, umweltbewusster arbeiten und gute Produkte anbieten.

Das versuchte er auch mit seinem Döner Kebab. Der wurde immer frisch zubereitet, wie auch das Fladenbrot. Tiefkühlware kam Kalender nicht in die Bude, und was abends übrig blieb, entsorgte er. Beim Fleisch achtete er auf gute Qualität – aber günstig musste es trotzdem sein. Denn: „Die Leute wollen billiges Essen“, sagt er. Für Klamotten und beim Urlaub würden sie viel ausgeben, nicht aber fürs Essen. Einen „fairen“ Döner Kebab zum Mitnehmen, aus gutem Fleisch, aber ohne Alufolie, müsse er für 5,50 oder sogar 6 Euro verkaufen. Das, da ist er sich sicher, wolle aber niemand bezahlen.

Seit zwei Jahren ernährt sich Kalenders Frau vegetarisch, und er macht mit. Zwar probiert er das Fleisch, das er verkauft, aber er komme, sagt er, ganz gut auch ohne aus. In diesen zwei Jahren haben er und seine Frau viel über Ernährung und die Fleischindustrie diskutiert. „Alleine kann man nicht gegen diese Industrie ankämpfen“, ist er überzeugt. Darum zieht er nun die Konsequenz: „Fastfood, schnell und billig möchte ich nicht mehr“, sagt der 48-Jährige.

Vor 18 Jahren hat Tuncay Kalender den Imbiss von seinem Vater übernommen, der ihn 1991 eröffnet hatte. Damals war der Kalender-Imbiss der dritte, der in Tübingen Döner Kebab anbot. Als der Vater an Krebs erkrankte, kam nur Sohn Tuncay als Nachfolger in Frage. Der Bruder ist Arzt, die Schwester behindert. Und Tuncay hatte BWL studiert, wusste also, wie man einen Betrieb führt. Er kündigte seinen Job bei einer Software-Firma und stieg ins Kebab-Geschäft ein.

Nun, mit 48, ist ihm nicht nur die Nachhaltigkeit wichtig, sondern auch, nachts nicht mehr arbeiten zu müssen. „Da muss man schauen, dass die Leute schnell weggehen und ruhig sind, das ist mir inzwischen viel zu anstrengend“, sagt er. Der neue Laden soll deshalb spätestens um Mitternacht schließen.

Und er wird, verspricht Kalender, mit dem Café harmonieren. Das wird auch für zwei Tage schließen, denn Kalender will einen neuen Boden verlegen. Dann wird nebenan umgebaut. „Ich freue mich drauf“, sagt Kalender, „das wird spannend.“ Und er wundert sich ein wenig über sich selbst: „Ich habe gedacht, es kommt kurz vor Schluss noch Wehmut auf. Das ist aber nicht der Fall.“

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Erstellt:
21.02.2019, 01:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 36sec
zuletzt aktualisiert: 21.02.2019, 01:30 Uhr

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