Tübingen · Coronavirus
Jetzt gibt es doch zwei Fälle
Am Mittwochmittag gab das Klinikum bekannt, dass die Reisebegleiterin des Göppinger Infizierten und ihr Vater, ein Tübinger Pathologe, positiv getestet wurden.
Um 14 Uhr hatte man im Klinikum dann das Ergebnis. Beide Patienten wurden positiv auf das Coronavirus getestet. Dabei geht es den Patienten bisher gut, die junge Frau hat leichte grippale Symptome und Halsschmerzen, ihr 60-jähriger Vater fühlt sich gesund. Dennoch müssen sie nun 14 Tage auf der Quarantänestation ausharren.
Einen nicht unbedeutenden Nebeneffekt fürs Klinikum gab Klinikchef Prof. Michael Bamberg am Mittwoch bei der eilends am Nachmittag einberufenen Pressekonferenz bekannt: Der 60-Jährige ist nicht nur Patient, sondern auch im Uniklinikum beschäftigt: als Oberarzt im Pathologischen Institut. Dass damit der direkte Kontakt zu Patienten ausgeschlossen ist, wurde mit Erleichterung quittiert. Die Zahl der Kontaktpersonen hält sich damit in einigermaßen engen Grenzen. Man habe, so Krankenhaushygieniker Dr. Jan Liese, hier die Situation, dass die „Infektionskette absolut bekannt“ sei. Das unterscheide die hiesigen Verhältnisse von den Regionen, in denen die Erkrankung sich lange unerkannt verbreiteten konnte.
Die Studentin hatte seit ihrer Rückkehr Kontakt zu gerade mal zwei Kommilitonen. Bei ihrem Vater ist der Kontaktpersonenkreis, der in die Kategorien 1 (eng) und 2 (nicht so eng) eingeteilt wird, schon größer. Er hatte am Montag an einer Tumorkonferenz mit anderen Oberärzten des Klinikums teilgenommen, deshalb müssen nun zwölf seiner Kolleginnen und Kollegen vorerst bei regelmäßiger Selbstüberwachung in häuslicher Quarantäne bleiben. Bisher wurden bei keinem von ihnen Symptome festgestellt. Außerdem werden von den achtzig Mitarbeitern der Pathologie 25 ebenfalls von der Arbeit suspendiert und zur regelmäßigen Kontrolle angehalten.
„Das Pathologische Institut ist für die Klinik unerlässlich“, sagte Bamberg bei der gutbesuchten Pressekonferenz hinter einer Mauer von Kameras, die für das hohe Interesse der Medien standen. „Wir müssen unter allen Maßnahmen lebensfähig bleiben. Wir dürfen nicht in Hyperaktivität ausbrechen.“ Man habe einen „Kompromiss zwischen Schutz und Lebensfähigkeit“ des Klinikums gesucht, das außer Covid-19-Patienten eben auch noch viele Schwerkranke zu versorgen hat.
Landrat Joachim Walter lobte den „äußerst offensiven Umgang des Klinikums“ mit der neuartigen Infektionskrankheit. Er gab aber auch zu bedenken, dass man das öffentliche Leben, Betriebe und Lebensmittelgeschäfte nicht lahmlegen dürfe: „Das würde wesentlich mehr Menschen gefährden als das Virus.“
Mikrobiologe Liese bilanzierte für die ersten beiden nun lokal aufgetretenen Fälle, dass die Aufnahme der Infizierten geordnet und nach den vom Robert-Koch-Institut ausgearbeiteten Vorgaben verlaufen und plangemäß übers Gesundheitsamt angebahnt worden sei. Die beiden Patienten, die zu dem Zeitpunkt noch Verdachtsfälle waren, wurden im Klinikum separiert aufgenommen und gleich isoliert. Sie kamen also nicht mit anderen Patienten in Berührung.
Wie hoch ist die Infektionsgefahr?
Die Infektiosität sei bei Grippe deutlich – nämlich 1,5 mal – höher als bei Covid 19, so sagte Prof. Peter Kremsner, der Leiter des Institut für Tropenmedizin, auf der Pressekonferenz. Sein Institut forscht zusammen mit der Tübinger Firma Curevac an einem Impfstoff gegen das neuartige Virus. Im Juni beginnt die Studie zu diesem Wirkstoff. „Wir sind noch keine Spezialisten für Covid 19“, so der Mediziner, Man dürfe aber nicht vergessen, dass die Erkrankung der Atemwege in 80 Prozent der Fälle einen milden bis asymptomatischen Verlauf nehme. Kinder werden nur sehr selten krank, bis 30 Jahre bestehe fast keine Gefahr. Für 80-Jährige sei das Virus schon gefährlicher, aber es nehme in den wenigsten Fällen einen schweren Verlauf.
Zum Dossier: Covid-19: Alles zur Coronakrise