Fußball
Jetzt geht es ans Eingemachte
Zwei Wochen vor dem Start der Bundesliga wehren sich die Klubs gegen erneut drohende Zuschauerbeschränkungen. Profisport legt eigenes Impfprogramm auf, um Quote zu erhöhen.
Frankfurt. Mit der Corona-Demut der Fußball-Bosse ist es endgültig vorbei. Zwei Wochen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison drängen die von der Pleite-Angst getriebenen Klubs auf ein Ende der Zuschauer-Restriktionen. Vor allem die erst vor drei Wochen von der Politik beschlossene Kopplung an die Fallzahlen ist den Chefetagen ein Dorn im Auge.
„Noch immer gilt die Inzidenz als Richtwert für die Zulassung von Zuschauern. Und damit fühlt es sich so an, als würden wir auf der Stelle treten“, schrieb Sportvorstand Markus Krösche in einem Gastbeitrag im kicker: „Mit Entscheidungen dieser Art wird es unmöglich sein, den Profisport und die Veranstaltungsbranche dauerhaft am Leben zu halten.“
Die Kritik an der Inzidenz-Kopplung war allerdings vorhersehbar und kommt als Reaktion auf die steigenden Zahlen nicht überraschend. Als die Bundesländer ihre bis zum 11. September geltende Regelung mit Bezug auf eine Inzidenz von 35 präsentierten, war von Ablehnung noch kaum etwas zu hören.
Schließlich lag die bundesweite Inzidenz damals im einstelligen Bereich und der Schwellenwert war weit weg. Mittlerweile sieht es anders aus, zuletzzt kletterte der Wert auf 16. Die Furcht vor der vierten Welle hat den Profifußball, der ab einer Inzidenz von 35 an den Austragungsstätten und einem „nicht klar eingrenzbaren“ Infektionsgeschehen maximal 5000 statt 25?000 Fans in die Arenen lassen darf, voll erfasst.
Dass die Klubs den Druck auf die Politik erhöhen, hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Die fast anderthalb Jahre dauernde Ära der Geisterspiele hat finanzielle Spuren hinterlassen, zahlreiche Vereine mussten Verluste im zweistelligen Millionenbereich vermelden. „Die Klubs als Wirtschaftsunternehmen haben schon jetzt teilweise schwerwiegende finanzielle Probleme und direkte sowie indirekte Arbeitsplätze sind akut gefährdet“, äußerte Krösche: „Daher ist sehr zeitnah eine Vollauslastung der Stadien von existenzieller Bedeutung für alle Vereine.“
Was der 40-Jährige verschweigt, ist die offensichtliche Misswirtschaft der Branche in den vergangenen Jahren. Anstatt mit Rücklagen für eine Krise gewappnet zu sein, wurden immer üppigere Millionengehälter an die Protagonisten gezahlt – auch an Manager wie Krösche oder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund, der bereits den Pleitegeier kreisen sieht.
Wenn die Politik nur auf Inzidenzen schaue und relativ lange nur vor ein paar Tausend Zuschauern gespielt werden könne, „dann werden ein ganze Menge Klubs in richtige Schwierigkeiten kommen“, sagte der 62-jährige Watzke. Juristische Schritte bei Zuschauerbeschränkungen schloss Watzke im Gegensatz zu anderen Vereinen aber vorerst aus: „Eine Klage kann immer nur die UItima Ratio sein.“
Die Dortmunder haben mit ihren Sorgen nicht nur die Bundesliga im Blick. Watzke befürchtet, im europäischen Vergleich den Anschluss zu verlieren. „Wenn in allen anderen Ländern mit 100 Prozent Auslastung gespielt wird, geht die internationale Wettbewerbsfähigkeit natürlich völlig flöten“, sagte der BVB-Boss: „Dann können wir über die Jahre zwar die Verträge anpassen, aber dann werden viele Spieler abwandern.“
In zahlreichen europäischen Ligen soll die Auslastung zu Saisonbeginn bei 70 bis 100 Prozent liegen. In Deutschland sind 50 Prozent erlaubt, zudem dürfen nur Geimpfte, Genesene und Getestete in die Stadien – wie bereits am ersten Spieltag der 2. Liga praktiziert.
Um die Impfquote zu erhöhen, haben zahlreiche Klubs Impfzentren eingerichtet. Die Initiative Profisport Deutschland (IPD) unterstützt mit einer eigenen Aktion das Impfprogramm von Städten und Gemeinden während der Corona-Pandemie. Der Zusammenschluss der vier größten deutschen Liga-Organisationen (Fußball, Basketball, Handball, Eishockey) bietet Unterstützung bei der Umsetzung von Impfangeboten im Umfeld von Sportveranstaltungen an. Die IPD umfasst durch ihre Ligen insgesamt 107 Klubs in bundesweit mehr als 80 Städten und Gemeinden. sid