Corona

Immer wieder Eltern in „Aufruhr“: Warum Schnelltests bei Kindern so oft falsche Ergebnisse zeigen

Fehlerhafte Schnelltests an Schulen und Kitas verunsichern Eltern immer wieder. Ist das System fehleranfällig? Ja, sagt der Landeselternbeirat. Die Stadt Freiburg zeigt, wie es anders geht.

29.10.2021

Von Caroline Holowiecki

Ein Kind führt einen Schnelltest in der Schule durch. Mit der Anwendung gibt es immer wieder Probleme.

Ein Kind führt einen Schnelltest in der Schule durch. Mit der Anwendung gibt es immer wieder Probleme.

Stuttgart, Ulm. Binnen einer Woche 14 falsch positive Corona-Lollytests: Das hat in einer Stuttgarter Kita Familien in Wallung versetzt. Zwar wurde in dem Zeitraum mehr als sonst getestet, beim Träger Konzept-e ist man dennoch konsterniert. „Das ist natürlich eine Zahl“, sagt Sprecherin Sandra Hänel. Vereinzelt falsch positive Tests gebe es immer wieder in den bundesweit 43 Einrichtungen, „aber in der Form hatten wir das noch nicht“. Sie spricht von einem „enormen Aufruhr“. Intern habe man sich den Fall mit einer fehlerhaften Charge erklärt.

Während das Land die Tests für Schulen und Kita-Personal stellt, liegt die Beschaffung von Tests für Kindergartenkinder in der Verantwortung der Kommune. Im Stuttgarter Referat für Jugend und Bildung weiß man nichts von Problemen oder Häufungen falscher Ergebnisse. Auch das Sozialministerium reagiert gelassen. „Grundsätzlich liefert kein diagnostisches Verfahren weltweit – auch nicht zum Nachweis anderer Erreger als SARS-CoV-2 – zu 100 Prozent zuverlässige Ergebnisse“, teilt Sprecher Florian Mader mit. Von mehr als 1100 Kommunen seien bislang etwa zehn aufs Ministerium zugekommen. Die Überprüfung habe aber stets ergeben, dass die Zahl der falsch positiven Tests innerhalb der statistisch zu erwartenden Ergebnisse gelegen habe.

Michael Mittelstaedt kennt solche Fälle. Der Vorsitzende des Landeselternbeirats spricht von „heißen Diskussionen über die Sensitivität“ von Schnelltests – und von vielen potenziellen Fehlerquellen. Die Lagerung und die Temperatur seien entscheidend, „und dann ist da noch das Problem der Probenentnahme“. Sprich: Es könne viel schiefgehen. Auch beim Land sind Anwendungsfehler ein Thema. „So weisen Hersteller beispielsweise darauf hin, dass vor dem Test eingenommene Lebensmittel oder Getränke, die eine Reaktion auf dem Teststreifen auslösen, falsche Ergebnisse produzieren können“, sagt Florian Mader. Als Beispiel nennt er Säurehaltiges wie Säfte, Limonaden oder diverse Teesorten, ebenso kaugummiartige Lebensmittel. Die Gebrauchsanleitungen seien daher sorgfältig zu befolgen.

Es geht auch anders: In Freiburg wurde schon im März mit PCR-Pooltestungen begonnen, um Anwendungsfehler auszuschließen, sagt Stadtsprecher Sebastian Wolfrum. Dabei lutschen Kinder einer Gruppe je an einem Teststäbchen, die werden dann zusammen im Labor untersucht. Ist das Ergebnis positiv, muss einzeln nachgetestet werden; ein Verfahren, das Michael Mittelstaedt vom Landeselternbeirat gern für ganz Baden-Württemberg sähe. Die Uniklinik begleitet in Freiburg das Projekt wissenschaftlich. Zahlreiche Kitas und Schulen beteiligten sich zweimal wöchentlich freiwillig. „Die, die mitmachen, sagen, es sei ein gutes System. Es ist kindgerecht, und wir haben keine falsch positiven Ergebnisse“, betont Sebastian Wolfrum. Umgerechnet auf Einzelpersonen sei die PCR-Testung in großen Pools nicht teurer, es sei aber eine umfassende Infrastruktur notwendig.

In Ulm interessiert man sich dafür. Sabine Gauß, die Leiterin der Abteilung Interne Dienste, kündigt Pilottests an. Grundsätzlich seien die bisherigen Verfahren „sehr gut“, dennoch weiß auch sie von Anwendungsfehlern. „Die Kinder müssen diese Lollytests nüchtern machen“, mahnt sie – also ohne vorher zu essen oder etwas zu trinken. Auch in Ulm hat es zuletzt gehäuft Fehler gegeben. Simon Fosseler, Abteilung Sport und Bildung, berichtet etwa von 47 falsch positiven Ergebnissen an einem Tag in einer Schule. „Kein großes Problem“ sei das angesichts von 50 000 Tests pro Woche. Dennoch hätten Stadt und Land auf andere Produkte umgestellt, selbst wenn laut Sozialministerium die Zahl der falsch positiven Tests „innerhalb der Messtoleranz“ gelegen habe. „Wir gehen davon aus, dass es eine bestimmte Charge war“, sagt Simon Fosseler.

Selbsttest ist nicht gleich Schnelltest

Test ist nicht gleich Test. Ist ein Schnelltest, der unter Überwachung durchgeführt wurde, positiv, gilt die Verpflichtung, sich unverzüglich in häusliche Isolierung zu begeben, zudem muss man sich mittels PCR-Test nachtesten. Haushaltsangehörige müssen in Quarantäne, es sei denn, sie sind geimpft oder genesen.

Beim Selbsttest, den man allein macht, gilt zunächst keine Absonderungspflicht. Es wird aber dringend empfohlen, Kontakte zu vermeiden. Ein PCR-Nachtest ist Pflicht. Ein positiver Selbsttest eines Kindes löst eine fünftägige Testpflicht in der Klasse oder Gruppe aus. car

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Erstellt:
29.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 01sec
zuletzt aktualisiert: 29.10.2021, 06:00 Uhr

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