AfD

SWP-Leitartikel: Hoffen aufs Scheitern

Das Superwahljahr 2021 ist für das gesamte politische Spektrum sehr wichtig, aber kaum eine Partei hat so viel zu verlieren wie die AfD.

11.01.2021

Von DOMINIK GUGGEMOS

Berlin. 2021 wird in vielen Hochburgen der Rechtspopulisten gewählt, und es sieht wahrhaftig nicht gut aus für die erfolgsverwöhnten Rechtsausleger. Die Partei ist durch einen inneren Richtungsstreit gelähmt. Statt wie so oft seit ihrer Gründung die Themen zu setzen, ist sie abhängig von den anderen. Einzig ein grandioser Misserfolg der politischen Gegner könnte sie wiederbeleben.

Dabei schien es Mitte Dezember noch so, als ob das ansonsten missglückte Jahr 2020 gut enden könnte für die AfD. Die Diskussion über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags hat der Partei in doppelter Hinsicht geholfen: Der höhere Beitrag kommt nicht, und – viel wichtiger – die politische Konkurrenz tat ihr endlich mal wieder den Gefallen, nicht über Inhalte zu diskutieren, sondern die AfD in den Mittelpunkt zu stellen. Alle gegen uns, nichts motiviert die AfD-Basis mehr. Das brachte auch die zuletzt so zerstrittene Führungsebene wieder ein kleines bisschen näher zusammen.

Was immer da war, es hielt nicht lange. Die dritte Corona-Welle verwüstete die Aufstellung der AfD wie ein Tsunami. Die nach vielen Kehrtwenden gefundene Fundamentalopposition zu den Maßnahmen der Bundesregierung kommt nicht an bei den Wählern. Doch der größte Rückschlag steht noch bevor. Im Januar könnte der Verfassungsschutz die Gesamtpartei unter Beobachtung stellen. Ein Schritt, der von nahezu allen Lagern der AfD gefürchtet wird.

Über den richtigen Umgang damit streitet sich die Partei allerdings so sehr, dass sie kaum noch handlungsfähig ist. Die Partei ist in dieser Frage gespalten in zwei etwa gleich große Lager. Eine Person, die sie zusammenführen kann, ist nicht in Sicht. In früheren Jahren war das die Stärke von Alexander Gauland, dem Ehren- und Ko-Fraktionsvorsitzenden. Doch er hat an Einfluss verloren. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen die AfD die anderen Parteien vor sich hertreiben konnte. Insbesondere die Spitzenpolitiker der CDU und CSU haben gelernt, dass Anbiederung keine Lösung ist, sondern nur harte Abgrenzung.

Ihr Fehler war es, die eigenen Politik-Mechanismen auf die AfD zu übertragen. Doch der Kompromiss ist den Blauen ein Fremdwort, ihre Reaktion auf die Zugeständnisse war es, immer weiter nach rechts zu ziehen, immer weitergehende Forderungen zu stellen. Das Signal an die Wähler war eindeutig: Mit einer Stimme für die AfD konnten sie die Politik viel stärker verändern als mit einer Stimme für die Union.

So kann die AfD nur auf ein Scheitern der Corona-Politik von Bund und Ländern hoffen. Sicher, gelingt es nicht, die Bevölkerung zeitnah durchzuimpfen und Pleitewellen zu verhindern, wird das die AfD womöglich wiederbeleben. Das Prinzip Hoffnung ersetzt den strategischen Plan, und was für eine miserable Hoffnung das ist für die vorgeblichen Super-Patrioten der AfD: Nur das Schlimmste für das Land kann genügen, um 2021 ihr politisches Desaster zu verhindern.

leitartikel@swp.de

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Erstellt:
11.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 26sec
zuletzt aktualisiert: 11.01.2021, 06:00 Uhr

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