Magischer Moment

Hockey-Herren gelingt mit noch nie da gewesener Aufholjagd der Halbfinal-Einzug

Krimi, Thriller, Drama – mit einem spektakulären Finish haben die deutschen Hockey-Männer doch noch den Sprung ins Halbfinale geschafft.

16.08.2016

Von HANS ALBERS

Moritz Fürste (links) kann das Glück nicht fassen  der Erfolg über Neuseeland war ein historischer Augenblick in der Geschichte des Hockey-Sports. Foto: Getty

Moritz Fürste (links) kann das Glück nicht fassen der Erfolg über Neuseeland war ein historischer Augenblick in der Geschichte des Hockey-Sports. Foto: Getty

Rio de Janeiro. Als die epische Aufholjagd ihren schier undenkbaren Höhepunkt erreicht hatte, entlud sich im Olympic Hockey Centre eine wahnsinnige Energie. Schläger flogen in alle Richtungen, Fans sprangen auf der Tribüne wie von Sinnen auf und ab, und auf dem blauen Kunstrasen bildete sich ein Knäuel aus deutschen Spielern, die ihr Glück nicht fassen konnten.

Valentin Altenburg, der Bundestrainer der Hockey-Männer, wusste gar nicht, wie ihm geschah. Der 35-Jährige löste perplex seinen Blick vom Taktikboard, schlug die Hände vor das Gesicht und drehte sich zu seiner Auswechselbank um. Doch da saß längst keiner mehr nach dem Treffer von Florian Fuchs genau 1,6 Sekunden vor dem Ende des Viertelfinals gegen Neuseeland. Es war das Siegtor zum 3:2 (0:1), das Ticket fürs Halbfinale gegen Argentinien – noch vier Minuten zuvor hatte Deutschland scheinbar aussichtslos zurückgelegen. „Das letzte Tor habe ich gar nicht gesehen, weil ich die Penalty-Schützen durchgegangen bin“, sagte Altenburg nur Minuten später. Und fügte breit grinsend an: „Da hätte ich meinem Team etwas mehr vertrauen sollen.“

Doch seine Mannschaft musste es selbst erst einmal verdauen, was sie da gerade in einem K.o.-Spiel bei Olympia in den Kunstrasen gebrannt hatte. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte Kapitän Moritz Fürste immer wieder und schüttelte ungläubig den Kopf. Er habe eine „dicke Gänsehaut“, stammelte Angreifer Christopher Rühr.

Fast das gesamte Spiel war gegen Deutschland gelaufen. Neuseeland hatte sich aufs Kontern verlegt und war mit seiner Taktik ziemlich gut gefahren. 0:1, 18. Minute, Hugo Inglis. 0:2 Shea McAleese, 49. Minute, alles noch viel schlimmer, der Traum vom dritten deutschen Olympiasieg in Serie nach 2008 und 2012 war fast ausgeträumt.

Nur noch 6:20 Minuten, Altenburg greift zum letzten Strohhalm und nimmt Torhüter Nicolas Jacobi raus. Deutschland drängt, Rühr provoziert Strafecken. Fürste tritt an – drin! Noch 4:33 Minuten zu spielen. Etwas Hoffnung. Neuseeland fightet und rettet sich in die letzte Minute. Erneut Strafecke. Nur Fürste kann jetzt schießen, der Leader. Olympia-Aus oder Medaillentraum? Tor für Deutschland! Das 2:2! 43,2 Sekunden vor dem Abpfiff! Riesenjubel. Doch das Sahnehäubchen sollte ja noch folgen.

Als sich Altenburg bereits unter Zeitdruck auf das Penalty-Schießen einstellte, schlug der bullige Timur Oruz das Spielgerät ein letztes Mal vor das Tor der „Kiwis“. „Ich habe den Ball gar nicht gesehen“, beschrieb Fuchs die Szene später: „Ich habe einfach nur den Schläger reingehalten und gespürt, dass der Ball dagegenschlägt. Danach war es ein unglaublicher Moment.“ Ein magischer Olympia-Moment.

Als die ersten turbulenten Jubelszenen ein Ende gefunden hatten, scharte Fürste die Mannschaft um sich und schwor sie auf das Halbfinal-Duell gegen die „Gauchos“ heute (22 Uhr MESZ) ein: „Ich habe euch in der Halbzeit gesagt, dass das nicht unsere letzte Halbzeit hier ist. Jetzt möchte ich einfach, dass wir uns unsere Medaille holen.“ Und dieser Mannschaft ist alles zuzutrauen.

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Erstellt:
16.08.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 30sec
zuletzt aktualisiert: 16.08.2016, 06:00 Uhr

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