Drogen

Cannabis-Legalisierung: Hersteller wollen Gewinn eintüten

Die Ampel-Parteien planen, Cannabis für den Genuss zu legalisieren. Bald könnte Hanf in lizenzierten Geschäften an Erwachsene frei verkauft werden. Risiko oder großes Geschäft?

27.11.2021

Von dpa

Bisher nur für den medizinischen Gebrauch erlaubt: Proessionelle Cannabis-Gewinnung. Foto: Christian Beutler/Keystone/dpa

Bisher nur für den medizinischen Gebrauch erlaubt: Proessionelle Cannabis-Gewinnung. Foto: Christian Beutler/Keystone/dpa

Vor Jahren die Freigabe von Cannabis für medizinische Zwecke, nun die geplante Legalisierung für den Genuss: Mit den Plänen von SPD, Grünen und FDP steht Deutschland nicht nur vor einem historischen Schritt in der Drogenpolitik. Die Liberalisierung dürfte auch einen legalen Massenmarkt für die Droge öffnen, für den sich Hersteller schon jetzt warmlaufen. Die Branche wittert das große Geschäft und wirbt mit potenziellen Einnahmen in Milliardenhöhe für den Staat im Zuge der Legalisierung. Die Polizeigewerkschaft dagegen warnt, der illegale Handel könne dann erst recht aufblühen.

Seit 2017, als Cannabis für medizinische Zwecke wie Schmerzlinderung bei Schwerkranken erlaubt wurde, hat der Stoff in Deutschland einen Boom erlebt. Start-ups haben immer mehr legale Lifestyle-Produkte wie Hanf­aufstriche, Hanfsamenöle, Hanftees herausgebracht, Influencer werben für CBD-Öle. Doch handelte es sich 2017 um wenige Tonnen medizinisches Cannabis, geht es nun um viel größere Mengen: Branchenkenner schätzen den Markt für illegal verkauftes Cannabis in Deutschland auf hunderte Tonnen pro Jahr. Gerade bei jungen Menschen ist die Droge beliebt: Nach Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben bundesweit gut 10 Prozent der 12- bis 17-Jährigen Cannabis schon einmal konsumiert, bei den 18- bis 25-Jährigen sind es 46,4 Prozent.

Laut Koalitionsvertrag wollen die Ampel-Parteien eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einführen. Dadurch würde „die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet“, heißt es. Das geplante Gesetz soll nach vier Jahren auf „gesellschaftliche Auswirkungen“ überprüft werden.

Hoffnungen auf gute Geschäfte machen sich nun Firmen, die schon eine Lizenz zum Anbau von medizinischem Cannabis haben: Tilray und Aurora aus Kanada sowie die deutsche Firma Demecan, die in Ebersbach nahe Dresden eine große Produktion unterhält. 2019 wurde den drei Firmen der Anbau von jährlich 2,6 Tonnen medizinischem Cannabis hierzulande erlaubt. „Wir sind in der Lage, binnen kurzer Zeit unsere Produktion hochzufahren und parallel zum Arzneimittel Cannabis auch das Genussmittel zu produzieren“, sagte Cornelius Maurer, Geschäftsführer von Demecan. Auch Sascha Mielcarek, Geschäftsführer von Tilray Europa, sieht große Geschäftschancen. Das Unternehmen produziert in einer rund 12 000 Quadratmeter großen Anlage in Neumünster (Schleswig-Holstein) tonnenweise medizinisches Cannabis. „Damit sind unsere Produktionskapazitäten bei weitem nicht ausgeschöpft“, sagt Mielcarek.

Konservative Politiker lehnen die Legalisierung von Cannabis ab. Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) warnt vor einem Dammbruch in der Drogen- und Suchtpolitik. Das Signal, Cannabis sei gesellschaftsfähig, sei gefährlich. Schätzungsweise fast jeder zehnte Cannabiskonsument werde abhängig, heißt es im Jahresbericht der Drogenbeauftragten.

Kritik äußert die Deutsche Polizeigewerkschaft. „Durch die Gewinne, die der Handel und der Staat erzielen wollen, wird Cannabis erheblich teurer“, sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt. „Der illegale Handel mit billigeren Produkten wird aufblühen, denn in Apotheken können dann nur Wohlhabende ihren Bedarf decken, Jugendliche und Geringverdiener werden weiter zum Dealer um die Ecke laufen.“ dpa

Extra-Einnahmen für den Staat

Der Deutsche Hanfverband erwartet über zusätzliche Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge sowie Einsparungen bei Strafverfolgung und Justiz für den Staat einen finanziellen Vorteil von mindestens 4,7 Milliarden Euro pro Jahr. Allein durch eine Cannabissteuer würden dem Staat jährlich 1,8 Milliarden Euro zufließen, hat der Ökonom Justus Haucap von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf für den Verband berechnet. Es könnten 27 000 neue Arbeitsplätze in der Cannabiswirtschaft enstehen.

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Erstellt:
27.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 27.11.2021, 06:00 Uhr

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