Großeinsatz: Stocherkahn trieb ab, neun Menschen gerettet

Als die Feuerwehr kurz nach 17 Uhr am Einsatzort in der Gartenstraße eingetroffen ist, sei der Kahn bereits im Triebwerkskanal des Stauwehrs gewesen, erzählte Einsatzleiter Bernd Fluhr dem TAGBLATT: „Er war unmittelbar vor dem Einlass in die Turbinen.“ Die Tübinger Stadtwerke wurden kontaktiert, damit die Turbinen abgeschaltet werden. „Das hat sehr schnell funktioniert“, sagte Fluhr. So wurde auch die Strömung geringer.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich nach Angaben der Einsatzkräfte noch vier Personen im Kahn: drei Senioren sowie ein Ersthelfer. Zunächst retteten Feuerwehrtaucher eine Person aus dem Wasser, die zwar einen Rettungsring hatte, aber entkräftet war. Zwei Passanten hatten den anderen aus dem Neckar geholfen, die von Bord gegangen waren. Über die Brücke wurden Rettungsringe von weiteren Ersthelfern hinabgeworfen, um die verbliebenen Personen und den Kahn mittels der Seile an den Ringen zu sichern.

Schließlich konnten die letzten Passagiere durch die Einsatzkräfte aus dem Kahn sicher an Land geholt werden. „Ohne die Ersthelfer wären wir wahrscheinlich zu spät gekommen“, sagte Fluhr. Sie hatten sich in der starken Strömung selbst in Gefahr gebracht.

Eine Frau, die sich auf dem Kahn befand, berichtete dem TAGBLATT, dass die Strömung einfach zu stark gewesen und das Boot abgetrieben sei: „Wir haben das ganz schnell gemerkt und um Hilfe gerufen.“ Sie sagte, dass sogar mit zwei Stocherstangen versucht worden ist, den Kahn wieder auf Kurs zu bringen – vergebens. Letztlich hätten drei junge Männer reagiert, die auf einer Bank am Ufer saßen und zur Hilfe eilten. Allerdings konnten sie den Kahn auch nicht stoppen. Offenbar schafften es die Beteiligten jedoch noch, den Kahn in den Kanal zu steuern, sonst wäre er mutmaßlich am Stauwehr hinuntergestürzt.

Weil sie eine schlechte Schwimmerin ist, habe sie sich gegen den Sprung ins Wasser entschieden, sagte die Mitfahrerin. Sie sei erleichtert gewesen, als die Sirenen der Rettungsfahrzeuge zu hören waren: „Da wusste ich, wir werden gerettet.“ Passanten hatten den Notruf gewählt.

Die neun Mitfahrenden im Alter zwischen 78 und 86 Jahren wurden alle zum DRK-Zentrum im Steinlachwasen gebracht, wo sie teils auch mit trockener Kleidung versorgt worden sind. Am Abend werden sie mutmaßlich in ihre Hotels zurückkehren können, da dem ersten Anschein nach niemand verletzt worden ist.

Die Seniorengruppe hatte sich in Tübingen zu einer Nostalgietour getroffen. Alle hatten in den 60er-Jahren dort studiert. Einigen der 59 Einsatzkräfte aus DLRG, DRK, Feuerwehr und Polizei sagte ein Teil der Reisegruppe hinterher auf einer Bank am Stauwehr sitzend vor allem zwei Worte: „Vielen Dank.“