Rottenburg · Landwirtschaft

Getreide in Plastikschläuchen

Weil die Silos voll sind, lagert die Rottenburger Bioland Erzeugergemeinschaft Rebio ihr Getreide derzeit am Martinsberg auch in Folien verpackt.

15.08.2019

Von Frank Rumpel

Blick über zwei riesige Getreidesäcke in Richtung der Regio-Silos in Rottenburg. Bilder: Frank Rumpel

Blick über zwei riesige Getreidesäcke in Richtung der Regio-Silos in Rottenburg. Bilder: Frank Rumpel

Es herrscht Hochbetrieb auf dem Spitalhof. Landwirte rangieren mit ihren Traktoren samt Anhängern. Einer muss zur Probenentnahme, ein anderer kippt seine Ladung gerade ab. Das angelieferte Getreide wird nach der Prüfung im eigenen Labor gereinigt und getrocknet, um dann in einem der vier großen Silos gelagert zu werden. 3200 Tonnen Weizen passen dort rein. Doch das Volumen reicht längst nicht aus, erfasst Rebio am Spitalhof derzeit doch rund 10 000 Tonnen jährlich. Auch die Außenlager in Trillfingen, Hirrlingen und Kilchberg sind voll. Deshalb lagert die 1991 gegründete Bioland-Erzeugergemeinschaft (Sitz: Wendelsheim) mit ihren derzeit 180 Mitgliedern das Getreide heuer zusätzlich in langen Plastikschläuchen auf einem abgeernteten Feld neben dem Hof am Rottenburger Rammert-Rand.

„Wir waren skeptisch“, sagt Matthias Teufel, Leiter der Getreideabteilung bei Rebio. Ihr Bio-Getreide wollten sie zunächst keinesfalls in Plastik verpacken. Auf den Ökofeldtagen in Kassel stießen sie dann aber auf das Konzept eines Herstellers aus der Oberlausitz bei Bautzen, das interessant klang. Über eine Einfüllanlage wird das Getreide in die siebenlagige, lebensmittelechte Folie hineingepresst, so dass darin je nach Korn 4 bis 5 Tonnen pro laufendem Meter luftdicht gelagert werden können. Rund 35 Meter lang sind die prallvollen Schläuche, die beim Spitalhof liegen. Wenn das Getreide darin verkauft ist, holt der Hersteller das Kunststoffmaterial ab und führt es laut Teufel einem sinnvollen Recycling zu. Das habe er mit Zertifikaten belegen können. „Das Konzept hat uns überzeugt“, sagt Teufel, „obwohl es Plastik ist.“

Matthias Teufel Bilder: Frank Rumpel

Matthias Teufel Bilder: Frank Rumpel

Eine dauerhafte Lösung soll es nicht sein. „Das ist keine Alternative zu den Silos. Die sind uns lieber“, sagt Lagermeister Matthias Beck. Rebio würde seit Jahren gern am zentralen Lager im Spitalhof erweitern, mehr Silos und damit mehr Lagerfläche bauen, doch die Stadt Rottenburg habe einer Erweiterung auch in kleinerer Ausführung nicht zugestimmt. Nun soll das Verwaltungsgericht Sigmaringen den Sachverhalt klären. Die Stadtverwaltung wollte wegen des laufenden Verfahrens keine Stellungnahme abgeben.

Weil die Erzeugergemeinschaft auf dem Spitalhof ihr zentrales Lager hat und dort in den vergangenen Jahren viel Geld etwa in eine Reinigungs- und eine Dinkelschälanlage investierte – laut Beck werden dort pro Jahr etwa 2000 Tonnen Dinkel geschält –, sei es unmöglich, das alles einfach an einen neuen Standort zu verschieben. In den vergangenen Jahren hat Rebio immer wieder zusätzliche Lagerflächen angemietet.
Dieses Jahr aber, sagt Teufel, haben wir keine gefunden. Also sei man auf die Folienlagerung ausgewichen.

Die Zahl der Landwirte, die ihr Getreide über die Erzeugergemeinschaft regional vermarkten, ist weiter gewachsen. 300 bis 350 Betriebe aus der Region sind es derzeit, wie Teufel berichtet. Darunter sind auch viele, die auf Bioland-Anbau umstellen. „Dieser Zuspruch ist sehr erfreulich“, sagt Wolfgang Sickler, ehemaliger Geschäftsführer und heutiger Beirat der Rebio. In den vergangenen zwei Jahren hätten die Betriebe in Umstellung um rund 15 Prozent zugenommen, sagt Beck.

Matthias Beck Bilder: Frank Rumpel

Matthias Beck Bilder: Frank Rumpel

Wer seinen Hof von konventionellem auf biologischen Anbau umstellt, hat eine Übergangszeit von zwei Jahren. Während dieser Phase können Landwirte ihr Getreide entweder selbst als konventionelle Ware verkaufen oder aber über Rebio als Futtergetreide vermarkten. Für die Lagerung ist das eine weitere Herausforderung. „Wir haben so jede Getreideart doppelt“, sagt Beck. Denn Getreide und Futtergetreide müssen streng getrennt voneinander gelagert und verarbeitet werden.

Zusätzlich vertreibt Rebio etwa auch Linsen und Leinsaat, die in viel kleineren Mengen anfallen und ebenfalls separat gelagert werden müssen. Dennoch versuche man, jeden aufzunehmen, der über Rebio vermarkten will, sagt Teufel. So kommen ganz unterschiedliche Erntemengen zusammen. „Das reicht vom Autoanhänger bis zum größten Traktor-Hänger“, erzählt Teufel. „Wir machen da keinen Unterschied.“

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Erstellt:
15.08.2019, 12:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 15.08.2019, 12:30 Uhr

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