Mössingen
Getötete Mössingerin: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Totschlags
Der Mann, der im Juni seine ehemalige Lebensgefährtin getötet haben soll, ist nun wegen Totschlags angeklagt. Außerdem wirft ihm die Staatsanwaltschaft Aussetzung vor: Er soll die gemeinsame Tochter hilflos in der Wohnung zurückgelassen haben.
Im Juni wurde in Mössingen eine 22-Jährige zuhause getötet: Laut Auskunft der Polizei starb sie durch „massive Gewalteinwirkung“. Angehörige hatten die junge Frau am 19. Juni, einem Montag, gegen 16.30 Uhr gefunden. In der Wohnung war auch die eineinhalb Jahre alte Tochter der Frau. Sie war körperlich unverletzt, wurde aber vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht. Sie war allein mit ihrer getöteten Mutter in der Wohnung zurückgeblieben – und das länger, als bislang bekannt.
Denn die Polizei, die mit einer Ermittlungsgruppe mit zehn Beamtinnen und Beamten ermittelte, geht davon aus, dass die Mössingerin bereits in der Nacht zum Sonntag, den 18. Juni, getötet worden war – von ihrem 21-jährigen Ex-Lebensgefährten. Er ist der Vater des Kindes, das er dort schlafend zurückgelassen haben soll. Der Mann aus Bodelshausen wurde noch am Abend des 20. Juni festgenommen und sitzt seit dem 21. Juni in Untersuchungshaft. In einer polizeilichen Vernehmung stritt der Mann die Tat ab, seither macht er von seinem Recht zu schweigen Gebrauch.
Staatsanwaltschaft: Bislang keine Mordmerkmale
Nun hat die Staatsanwaltschaft Tübingen nach Abschluss der Ermittlungen Anklage wegen Totschlags zum Tübinger Schwurgericht erhoben. Für eine Mordanklage fehlt es nach den derzeitigen Ermittlungsergebnissen an den Voraussetzungen, also daran, dass ein im Gesetz vorgeschriebenes Mordmerkmal vorliegt. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass die Beweisaufnahme in einer Hauptverhandlung etwas anderes ergibt. Bei Totschlag liegt der Strafrahmen bei fünf bis 15 Jahren Gefängnis, auf Mord steht lebenslange Haft. Die Staatsanwaltschaft geht „von direktem Tatvorsatz“ aus. Warum der Mann seine Ex-Lebensgefährtin auf derart brutale Art und Weise getötet haben soll, ist noch nicht geklärt.
Kind blieb mehr als 24 Stunden allein zurück
Neben der Anklage wegen Totschlags wirft die Staatsanwaltschaft dem 21-jährigen deutschen Staatsbürger außerdem schwere Aussetzung vor. Denn er soll die gemeinsame Tochter nach dem Tod ihrer Mutter in den frühen Morgenstunden des 18. Junis in der Wohnung zurückgelassen haben, ohne sich um deren Versorgung zu kümmern. Dadurch habe er das Kind in eine lebensgefährliche Situation gebracht: Das eineinhalbjährige Mädchen blieb damit über mehr als 24 Stunden ohne Kontakt nach außen in der Wohnung allein.
Aussetzung definiert das Gesetz so: Wer einen Menschen in eine hilflose Lage versetzt oder im Stich lässt und ihn dadurch in die Gefahr des Todes oder einer schweren Verletzung bringt, macht sich strafbar. Tut er das beim eigenen Kind, liegt die Mindeststrafe bei einem und die Höchststrafe bei zehn Jahren.
Wenn das Gericht die Anklage zulässt, kommt es zur Verhandlung am Tübinger Landgericht – wahrscheinlich erst im kommenden Jahr.
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