Kreise Tübingen/Reutlingen · Bundestagswahl

Gemeinden erhielten Meldungen: „Alte Bekannte“ sind darunter

Bei den Gemeinden haben sich schon einige „Auslandsdeutsche“ gemeldet.

23.08.2021

Von Manfred Hantke

Symbolbild:Sebastian Gollnow/Archiv dpa/lsw

Symbolbild:Sebastian Gollnow/Archiv dpa/lsw

Früher war es für „Auslandsdeutsche“ nicht so einfach oder schlicht unmöglich, an einer Bundestagswahl teilzunehmen. Wer für längere Zeit oder für immer seinen Lebensmittelpunkt im Ausland hatte, war bei der Bundestagswahl außen vor, wenn er nicht Botschaftsangehöriger war. Doch in den letzten beiden Jahrzehnten hat sich einiges getan. Der Kreis der Wahlberechtigten hat sich stets vergrößert.

Zuletzt entschied 2012 das Bundesverfassungsgericht, das Wahlrecht jenen im Ausland lebenden Deutschen zu gewähren, die nach dem 14. Geburtstag mindestens drei Monate lang ununterbrochen in Deutschland gelebt haben – vorausgesetzt, es ist nicht länger als 25 Jahre her.

Laut Deutschlandfunk leben zwischen drei und vier Millionen Deutsche im Ausland, bei der letzten Bundestagswahl 2017 hätten sich rund 113000 wahlberechtigte Auslandsdeutsche in Wählerverzeichnisse eintragen lassen. Das müssen sie tun, wenn sie in Deutschland nicht mehr gemeldet sind. Wie viele Auslandsdeutsche aber tatsächlich gewählt haben, weiß niemand.

Dennoch: Rund 113000 (von insgesamt rund 60 Millionen) Wahlberechtigte können bei engem Ergebnis den Ausschlag geben – das sind immerhin ein knappes Fünftel der Bremer Wahlberechtigten und das Dreifache der saarländischen grünen Zweitstimmen bei der Bundestagswahl von 2017.

Wollen Auslandsdeutsche bei der Bundestagswahl dabei sein, müssen sie sich rechtzeitig an diejenige Gemeinde wenden, in der sie vor ihrem Umzug ihren letzten Wohnsitz hatten, um sich ins Wählerverzeichnis eintragen zu lassen. Das haben sie bislang häufiger getan als noch 2017 – wie eine kleine Umfrage bei den Gemeinden in der Region ergab.

Mehr Interessenten als früher

Zählte etwa Ute Walter, Stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Zentrale Dienste in Kirchentellinsfurt, vor vier Jahren nur einen Interessenten, waren es bis zum vergangenen Freitag fünf (aus der Schweiz und den USA), die sich ins Wählerverzeichnis aufnehmen lassen wollten. Bei der Wannweiler Gemeindeverwaltung hat Sandra Steinmaier bis zum vergangenen Freitag bereits 12 Anträge (etwa aus der Schweiz, aus Schweden, Belgien und Finnland) bearbeitet.

9 Anträge hat Simon Römmich, Hauptamtsleiter in Dettenhausen, bis zum gestrigen Montag gezählt – aus der Schweiz, aus Österreich, Schottland, Belgien und Italien. Die meisten der Antragsteller sind bekannt, so Römmich, „der gute Stamm, alte Bekannte“. Da wisse man gleich oder könne rasch nachvollziehen, wann der Umzug ins Ausland war, ob er etwa länger als 25 Jahre her ist. Große Kommunen, die ihre Ex-Bürgerinnen und -Bürger nicht so gut kennen, hätten größere Schwierigkeiten, die Voraussetzungen zu prüfen.

Ebenfalls 12 Anträge lagen bis gestern der Kusterdinger Hauptamtsleiterin Claudia Marinic vor. Neben der Schweiz, Belgien, Dänemark und Norwegen kamen auch Anträge aus Australien und Saudi-Arabien. Alle Anträge werden sofort bearbeitet, müssen rasch auf die Post, damit der Brief mit den Kreuzen rechtzeitig zum 26. September wieder zurück ist.

Denn manchmal kann der Postweg etwas umständlich sein. So müssen etwa die Wahlunterlagen für den in Saudi-Arabien lebenden Deutschen zunächst an die Deutsche Botschaft geschickt werden, von dort gehen sie weiter an den Wahlberechtigten. Auch für Australien muss jetzt mehr Zeit eingerechnet werden, so Marinic. Dort wurde gerade erst der Lockdown wegen der Corona-Pandemie verschärft, die Post braucht womöglich länger als sonst.

Doch es können nicht nur jene Auslandsdeutsche wählen, die in den letzten 25 Jahren drei Monate am Stück in Deutschland waren. Auch andere haben eine Chance: Sie müssen laut Bundeswahlleiter jedoch belegen, mit den Verhältnissen in Deutschland vertraut und von ihnen betroffen zu sein. Eine passive Kommunikationsteilnahme, etwa durch den Konsum deutschsprachiger Medien im Ausland, genüge nicht.

Ob und wie ein Auslandsdeutscher aber mit den Verhältnissen in Deutschland vertraut ist, ist manchmal sicherlich schwierig zu entscheiden. Glücklicherweise kam bei den vom TAGBLATT befragten Gemeinden ein solcher Fall bislang nicht vor.

Den Antrag bis zum 5. September stellen

Wer im Ausland lebt und an der Bundestagswahl per Briefwahl teilnehmen möchte, muss sich bis zum 5. September über die Gemeinde, in der er den letzten Wohnsitz vor dem Umzug hatte, ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Gewöhnlich halten die Gemeinden entsprechende Links auf ihren Homepages zu den Anträgen bereit.

Zum Artikel

Erstellt:
23.08.2021, 20:19 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 03sec
zuletzt aktualisiert: 23.08.2021, 20:19 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter los geht's
Nachtleben, Studium und Ausbildung, Mental Health: Was für dich dabei? Willst du über News und Interessantes für junge Menschen aus der Region auf dem Laufenden bleiben? Dann bestelle unseren Newsletter los geht's!