Tübingen · Frauenklinik
Umstrittenes „Cytotec“ wird auch in Tübingen eingesetzt
Auch in der Frauenklinik wird das umstrittene Medikament Cytotec eingesetzt, aber nur in eingeschränktem Rahmen.
In vielen deutschen Kliniken wird ein Medikament namens Cytotec zur Geburtseinleitung verwendet. Es ist auf dem deutschen Markt für diesen Zweck nicht zugelassen und kann schwere Komplikationen bei Mutter und Kind verursachen. Darüber berichteten der Bayrische Rundfunk und die „Süddeutsche Zeitung“ nach gemeinsamer Recherche.
Das TAGBLATT fragte in der Tübinger Frauenklinik nach, ob das Medikament, das auf dem Wirkstoff Misoprostol basiert, auch hier im Einsatz ist. Die Antwort lautet: Ja, aber „nur in einem klar umrissenen Einsatzgebiet“, so Prof. Karl Oliver Kagan, der Leiter der Pränatalen Medizin. Und er setzt hinzu: „Wir haben seit Jahrzehnten gute Erfahrungen damit gemacht.“
Im Bereich der Geburtsmedizin fänden jedoch viele Mittel Verwendung, die keine Zulassung erhalten haben. Das liege an den strengen Restriktionen, die es bei klinischen Studien mit Schwangeren gibt.
In der Frauenklinik werde Cytotec nur nach genauem Abwägen zwischen Nutzen und Risiken verabreicht. Es eigne sich, so Kagan, nur für Frauen, die noch keine Gebärmutter-Operation und noch keinen Kaiserschnitt hinter sich haben. Im anderen Fall bestehe die Gefahr eines Gebärmutterrisses.
Jede Frau, die in Tübingen mit Cytotec behandelt wird, werde ausführlich über die Nebenwirkungen des ursprünglich als Magenmittel eingesetzten Medikaments aufgeklärt. Schließlich sei dies vor einer Einleitung und vor Einsatz der Wehen ohne weiteres möglich. Was die von BR und SZ berichteten Problemfälle – bis hin zu Todesfällen bei Mutter und Kind – angeht, müsse man, so Kagan, im Einzelfall genau analysieren, „ob die Gefahrensituation auch ohne Medikament eingetreten wäre“.
Die nicht ganz neue Diskussion über Cytotec hält der Mediziner für wichtig, auch wenn sie die Patientinnen verunsicherte: „Wir beraten gerne noch intensiver!“ Für den Geburtsmediziner steht dennoch fest: „Wir würden ungern auf Cytotec verzichten!“