Tübingen
Für Austausch
„Die Fraktion“ möchte vier Tübingern die Ehrenbürgerwürde posthum entziehen. Es geht um Eschenburg, Kiesinger, Müller und Schmitthenner. Leserbriefschreiber Volker Bohn unterstützt das.
Der Kulturkampf in einigen Leserbriefen ist erschöpfend. Er verfügt kaum noch über sinnbringende Argumente. Herr Bohn führt diesen Kulturkampf mit Missinterpretationen von Studien. Nicht 22 Prozent der Jugendlichen wählen AfD. Es sind 22 Prozent von 66 Prozent – also 14,3 Prozent, die AfD wählen.
Auch hat er kaum sinnbringende Argumente. Herr Kiesinger und Co. wurden wissenschaftlich ausführlich untersucht. Demokratie beruht aber auch darauf, dass man Argumente austauscht und eine Tradition des Wandels hat. Herr Bohns Polemik zeigt, dass er kein Interesse am Austausch hat. Kein Argument darf gelten außer das eigene. Eine Tradition des Wandels lehnt er ab. Er erkennt keinen Wandel von Menschen an – Verbrecher bleiben Verbrecher, unabhängig von deren Wandel.
Kiesinger und Co. stehen für den Wandel, den wir heute bei queeren Menschen vollziehen. Damals aber von Diktatur zu Demokratie. Ohne diesen Wandel gäbe es keine Demokratie und keine Tradition.
Das Erschöpfende ist, dass Leute – wie Herr Bohn – nicht mal mehr im Ansatz offen für Argumente sind, die für den Austausch sind. Austausch ist aber elementar für eine Demokratie. Und das zu ignorieren, ist eine Gefahr für die Demokratie.