Plagiarius

Freche Fälscher abgesägt

Bei der Verleihung des Negativpreises erläutert Stihl, wie das Unternehmen weltweit gegen dreiste Kopien vorgeht.

17.04.2021

Von Diana Prutzer

Finde den Fehler: Die Fälschung aus China verletzt die Wort- und Farbmarke von Stihl und gewinnt den 1. Negativpreis. Foto: Aktion Plagiarius e.V.

Finde den Fehler: Die Fälschung aus China verletzt die Wort- und Farbmarke von Stihl und gewinnt den 1. Negativpreis. Foto: Aktion Plagiarius e.V.

Sthil steht auf der Führungsschiene der orange-grauen Motorsäge des chinesischen Herstellers. Es bedarf schon eines zweiten Blicks, um die Täuschung zu erkennen. Die Firma Guley hat nicht nur die in mehr als 100 Ländern geschützte Farbmarke des Originals aus Waiblingen verletzt, sondern auch die Wortmarke „Stihl“. Ein ausgezeichnetes Plagiat: Die Nachahmung erhielt den ersten „Plagiarius“-Preis. Die Schmäh-Trophäe wurde am Freitag zum 45. Mal verliehen, Corona-bedingt zum ersten Mal virtuell, statt auf der Konsumgütermesse „Ambiente“.

Wer sich mit fremden Federn schmückt, muss damit rechnen, vom Verein „Aktion Plagiarius“ gebrandmarkt zu werden. Dessen Ziel ist es, fragwürdige Geschäftsmethoden von Produkt-und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Neben Industrie und Politik sollen so auch Verbraucher für das Problem sensibilisiert werden.

„Der wissentliche Kauf gefälschter Produkte ist weder cool noch clever oder gar harmlos“, betont Peter Siebert, Vorstandsvorsitzender des Vereins, der seinen Sitz in Elchingen im Kreis Neu-Ulm hat. „Produktpiraterie ist kein Kavaliersdelikt“, sagt er. Durch sie entsteht in Deutschland jährlich ein Schaden in Höhe von 50?Milliarden Euro. Zudem werden Arbeitsplätze und Existenzen bedroht oder sogar vernichtet, erläutert der Nachfolger des im Februar verstorbenen „Plagiarius“-Gründers Rido Busse.

Gefälscht und gefährlich

Dessen Tochter und Vize-Vorsitzende, Aliki Busse, gab zu Bedenken, dass gerade technische Nachahmungen häufig gefährlich oder gar lebensgefährlich für Verbraucher sein können. Das wird nicht nur anhand der gefälschten Motorsäge deutlich, sondern auch beim Zweitplatzierten. Mit dem in China hergestellten und in Tschechien über eBay und Amazon vertriebenen Billig-Plagiat, mit dem man Bremsen warten könne, werden keine Normen für Sicherheit eingehalten. Thomas Schnabel-Jung, Inhaber der Firma Manotec, die Opfer der Nachahmung wurde, spricht davon, dass viel Zeit und Geld in die Entwicklung investierte werde, um die Sicherheit zu gewährleisten. Bei der Kopie sind allein schon die Verkabelungen gefährlich.

1:1 kopierte der Nachahmer Oxygen aus Großbritannien Design, Funktion und Produktname des Schlaf-Sofas „Up-Lift“ des Herstellers Prostoria aus Kroatien. Das Plagiat erhielt den 3. Preis. Foto: © Prostoria d.o.o.

1:1 kopierte der Nachahmer Oxygen aus Großbritannien Design, Funktion und Produktname des Schlaf-Sofas „Up-Lift“ des Herstellers Prostoria aus Kroatien. Das Plagiat erhielt den 3. Preis. Foto: © Prostoria d.o.o.

„Wir sprechen kein Recht, aber machen auf Unrecht aufmerksam“, sagt Aliki Busse. Rechtlich ging jedoch der Motorsägenhersteller Stihl bereits gegen Hangzhou Guley Garden Machinery aus China vor.

Die Firma gehört zu den Top drei der Fälscher von Stihl-Produkten. Die Waiblinger verfolgen seit Jahren eine umfassende Strategie gegen Produktpiraterie, erläutert Günther Stoll, der für deren Bekämpfung zuständig ist.

Acht Gerichtsverfahren hat Stihl bereits gegen Guley gewonnen und Schadenersatz in Höhe von 170.000 Euro erhalten. Schon in den 1980er und 90er Jahren seien gefälschte Ersatzteile von Stihl aufgetaucht, berichtet Stoll. In den 2000er-Jahren seien dann Plagiate ganzer Motorsägen auf den Markt gekommen.

Zumindest in Ländern mit verlässlicher Rechtsprechung und damit in Europa und den USA gebe es so gut wie keine Fälschungen mehr. „Wir werden auch in schwierigen Ländern konsequent gegen die Fälschung vorgehen, damit wir auch weiterhin in der Erfolgsspur bleiben“, sagt Stoll. Kamen die Kopien vor 30 Jahren überwiegend aus China, sind unter den diesjährigen Preisträgern auch türkische und deutsche Hersteller. Auch eine Kapuzenjacke von Engelbert Strauss hat eine Negativ-Auszeichnung erhalten. Die Fälschung verkaufte Aldi Süd. Für Aliki Busse zeigt dieser Fall: „Lassen Sie uns nicht selbstgefällig mit dem Finger auf die Asiaten zeigen.“

China bleibt die Nr.?1

Ursprung Laut einem aktuellen Bericht über Produktpiraterie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau werden Plagiate oft von Wettbewerbern oder ehemaligen Geschäftspartnern wie Lieferanten, Produktions- oder Vertriebspartner in Auftrag gegeben oder vertrieben. Demnach war war China mit 61 Prozent Ursprungsland Nr. 1 von Plagiaten. Zum wiederholten Mal liegt Deutschland mit 19 Prozent auf Platz zwei. Neu auf dem dritten Platz ist Russland mit 12 Prozent.

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Erstellt:
17.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 17.04.2021, 06:00 Uhr

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