Cold Case

Frauenmord sexuell motiviert?

Angeklagter im Prozess um die getötete Brigitta J. konsumierte Pornos, in denen Frauen massiv erniedrigt wurden.

21.01.2021

Von Dominique Leibbrand

Am Landgericht Stuttgart wird aktuell der Mord an Brigitta J. vor mehr als 25 Jahren verhandelt. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Am Landgericht Stuttgart wird aktuell der Mord an Brigitta J. vor mehr als 25 Jahren verhandelt. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Stuttgart. Im Stuttgarter Prozess um die vor mehr als 25 Jahren in Sindelfingen ermordete Brigitta J. haben sich erstmals Hinweise auf ein mögliches Motiv des Angeklagten ergeben. So könnte die Tat, sollte Hartmut M. (70) denn schuldig sein, einen sexuell-sadistischen Hintergrund gehabt haben. Diesen Schluss lassen Pornobilder und -videos zu, die nach der Festnahme des Ex-Top-Managers Anfang 2020 in Hamburg sichergestellt wurden. Darauf zu sehen: Frauen, die geschlagen, gewürgt, gefesselt und vergewaltigt werden, wie ein Polizeibeamter am Mittwoch berichtete, der das Material ausgewertet hat.

Computer, Handys, USB-Sticks sowie Aktenordner aus dem Besitz des Angeklagten hatte der 33-jährige Polizist im vergangenen Jahr durchforstet und dabei auch Fotos von Waffen gefunden. Auffällig sei zudem gewesen, mit welcher Akribie M. seine Unterlagen geordnet habe, sagte er. Demnach hatte der 70-Jährige seine Dokumente in einem ausgeklügelten System fein säuberlich abgelegt und zwar unabhängig davon, ob es nun um die Korrespondenz mit der Mutter oder eben um Pornobilder ging.

Ex für Sex bezahlt

Für eine mehr als fragwürdige Abmachung mit seiner zweiten Frau führte M. gar eine Excel-Tabelle. Darin festgehalten: Treffen, bei denen seine in finanzielle Nöte geratene Ex gegen Geld mit ihm Schach spielte und ihm sexuell zu Diensten war. Rund 11.500 Euro zahlte er ihr dafür.

Die Ex-Frau war es auch, die M. im Verfahren um ein anderes Tötungsdelikt zunächst ein Alibi besorgt, das aber widerrufen hatte. Daraufhin wurde Hartmut M. 2007 für die Tötung einer Anhalterin verurteilt und saß bis 2017 im Gefängnis. 2001 soll er die Tramperin mit Klebeband gefesselt und ihr die Kehle durchgeschnitten haben. Ob er sechs Jahre zuvor bereits Brigitta J. erstochen hat, gilt es zu klären.

Organisierte Kriminalität

Derzeit sind offenbar zudem gleich mehrere Staatsanwaltschaften mit dem Angeklagten, der auch wegen Erpressung vorbestraft ist, in einer anderen Sache befasst. So ergaben die sichergestellten Dateien einen Anfangsverdacht in Richtung organisierte Kriminalität. Mit diversen Alias-Namen soll M. Geschäfte getätigt haben?– inklusive gefälschter Ausweisdokumente.

Ein weiteres skurriles Detail, das am Mittwoch öffentlich wurde: 2016 wollte der mit rund einer Million Euro hoch verschuldete Angeklagte offenbar an die Staatsanwaltschaft Hamburg Informationen aus der kriminellen Szene verkaufen. Dem Vernehmen nach gegen Geld und Schutz. Ohne Erfolg.

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Erstellt:
21.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 21.01.2021, 06:00 Uhr

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