VfB Stuttgart

Fortschritt mit feinen Füßen

Mateo Klimowicz rückt immer näher an die Anfangself heran. Über einen Vergleich mit seinem Vater schmunzelt der 20-jährige Techniker jedoch.

26.08.2020

Von CARLOS UBINA

Besticht mit gutem Ballgefühl und Technik: Mateo Klimowicz vom VfB Stuttgart. Foto: Marco Wolf

Besticht mit gutem Ballgefühl und Technik: Mateo Klimowicz vom VfB Stuttgart. Foto: Marco Wolf

Diego Klimowicz ist noch immer eine imposante Erscheinung. Stolze 1,91 Meter groß und sein Kampfgewicht hat sich gegenüber früher, als er seinen Körper noch durch gegnerische Strafräume wuchtete, nicht wesentlich erhöht. Und wenn man sich vor Augen führt, mit welcher Kraft der Argentinier mit polnischen Vorfahren vor etwa 15 Jahren seine Tore vornehmlich für den VfL Wolfsburg und Borussia Dortmund erzielte, dann erstaunt es schon, dass der Sohn mit deutlich feinerer Klinge auf dem Fußballplatz unterwegs ist.

Mateo Klimowicz, 20 Jahre jung, hat zwar in seiner ersten Saison beim VfB Stuttgart an Muskelmasse zugelegt und sein Spiel ist robuster geworden, aber wie Klimowicz senior wird der Junior nie spielen. Mateo Klimowicz ist ein Techniker. Er verfügt jedoch nicht nur über eine exzellente Ballbehandlung, sondern ebenso über ein gutes Raumgefühl. Zwischen den defensiven Linien des Gegners schwimmt er gerne umher. Mal im Dribbling, mal mit wenigen Ballkontakten – aber stets mit fließenden Bewegungen.

Sven Mislintat vergleicht das Stuttgarter Talent vom Spielertyp her mit Marco Reus. „Er ist kein Flügelstürmer. Er kann als falsche Neun vorne spielen, ebenso im offensiven Mittelfeld. Ein reiner Zehner ist er jedoch nicht“, sagt der Sportdirektor, der Klimowicz im vergangenen Sommer für 1,5 Millionen Euro aus Córdoba über den Großen Teich an den Neckar holte. Jetzt scheint die Nachwuchskraft so nah an der Anfangself zu sein wie noch nie zuvor.

Im Test gegen den FC Liverpool (0:3) hat Pellegrino Matarazzo den begabten Fußballer in vorderster Front aufgeboten, weil der Trainer dessen „Spielfähigkeit“ schätzt. Klimowicz kann der Mann für die besonderen Momente sein. Eine Drehung, ein Pass, ein Abschluss – das Repertoire ist so groß wie das Potenzial, das ihm bescheinigt wird. „Es war eine wunderbare Herausforderung, gegen eine der besten Mannschaften der Welt zu spielen“, sagt Klimowicz, „auch wenn es manchmal schwer war, sich zu behaupten.“

Noch wirkt das Spiel des Südamerikaners jedoch ein wenig scheu, wenn er zwischen Abwehrrecken wie Virgil van Dijk und Joe Gomez gerät. Ohnehin kann er minutenlang abtauchen – und plötzlich stürmt er dann aus der Tiefe des Raumes nach vorne. Wie in Leverkusen und Heidenheim, als er während der Vorsaison kurz davorstand, wichtige Tore für den VfB zu erzielen. Er vergab die Chancen.

Die Szenen hängen ihm ein wenig nach, weil sie im Erfolgsfall Klimowicz wohl schon früher einen Schub für seine schwäbische Lehrzeit gegeben hätten. So musste er sich gedulden und auch den unbequemen Weg über die zweite Mannschaft in der Oberliga gehen. „Einerseits war es zunächst ein schwieriges Jahr für mich, weil ich erstmals weit weg von meiner Familie und meinen Freunden war. Auch sportlich hatte ich mir mehr Einsatzzeiten erhofft. Andererseits habe ich jedoch viel gelernt und letztlich war es dann ein gutes Jahr, um zu reifen“, blickt das Talent aufgeräumt zurück.

Beim VfB fühlt sich Klimowicz jedoch sehr wohl. Und Mislintat und Matarazzo sind nun davon überzeugt, dass der Mittelfeldspieler einen Entwicklungsschritt nach vorne gemacht hat. Ebenso wie Lilian Egloff, Darko Churlinov und Tanguy Coulibaly. Doch von Klimowicz schwärmt auch der fußballerische Altmeister im Team – Daniel Didavi. Er sieht bei ihm Dinge im Training, die er selten von anderen Spielern gesehen hat. Allerdings sind das oft einzelne Glanzlichter. Noch mangelt es an Konstanz. In der Zweitligarunde kam Klimowicz anfangs zu Kurzeinsätzen, fiel anschließend in ein körperliches Loch und bot sich zum Saisonende wieder als offensive Alternative an.

Jetzt sagt Klimowicz mit wachsendem Selbstbewusstsein im Trainingslager von Kitzbühel: „Mein Ziel ist es, mit der Mannschaft eine erfolgreiche Saison zu spielen und persönlich mehr Einsatzzeiten zu erhalten.“ Auf 213 Bundesligaspiele (70 Tore) bringt es sein Vater. Über einen Vergleich schmunzelt der Sohn aber nur.

Der kleine Mateo begann einst in der Jugendakademie des BVB mit dem Fußball und war neun Jahre alt, als der heute 46-jährige Ex-Stürmer wegen Hüftbeschwerden seine Profikarriere beendete. Das VfB-Talent kann sich dennoch an seinen Vater als Spieler erinnern. „Viele Leute sagen mir immer wieder, dass ich aussehe, wie ihm aus dem Gesicht geschnitten – aber als Spieler war er eine klassische Neun, sehr kopfballstark.“ Er kann es dagegen sehr gut mit beiden Füßen.

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Erstellt:
26.08.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 12sec
zuletzt aktualisiert: 26.08.2020, 06:00 Uhr

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