Tübingen
Schatz des Monats: Flache Teller aus Troia
Im dritten Jahrtausend vor Christus blühte in Kleinasien die Wirtschaft. Und es entwickelte sich die Produktion von Keramik.
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Darauf speisten die Troianer.Bild: : MUT | Valentin Marquardt
Der Wohlstand Troias in der späteren Frühbronzezeit (Perioden II–III, ca. 2550 bis 2200 vor Christus), wie er in Architektur und materieller Kultur zum Ausdruck kommt, kam nicht von ungefähr; die zweite Hälfte des 3. Jahrtausends vor Christus war eine Periode außergewöhnlichen Wirtschaftswachstums, an dem Troia, über eine starke Anbindung an den zentralanatolischen und – über diesen vermittelt – zum vorderorientalischen Kulturraum teilhatte.
In Anatolien war damals ein System regionaler Handelsnetze entstanden, das die Ausbreitung verschiedener, in ihrem Ursprung auf die frühen Stadtkulturen des Vorderen Orients zurückzuführender soziokultureller, ökonomischer und produktionstechnologischer Innovationen ermöglichte und maßgeblich zur Herausbildung einer den nordsyrisch-mesopotamischen Raum im Südosten mit der Ägäis im Westen verbindenden ostmediterranen Interaktionszone beitrug. Maritime, vor der anatolischen Südküste gelegene Verkehrsrouten scheinen dabei jedoch eine vergleichsweise untergeordnete Rolle gespielt zu haben und stattdessen Landwege bevorzugt worden zu sein.
Damals entfalteten sich komplex organisierte, hierarchisch strukturierte Gesellschaften. Es entstanden proto-urbane, redistributive Zentralorte mit öffentlichen Großbauten, Marktplätzen und separaten Wohn- und Wirtschaftsvierteln. Und es bildete sich auch eine fortgeschrittene Arbeitsteilung. Den Kulturtransfer, der weit über eine bloße Annahme von aus dem Osten stammender Importstücke hinausging, erkennt man auch an der Übernahme vorderasiatischer Gefäßformen und den damit im Zusammenhang stehenden Trinksitten im anatolischen und ägäischen Raum, sowie an der Einführung spezifischer metrologischer Systeme, der Nutzung von Siegeln zu Zwecken der Administration sowie einer spezialisierten, kontrollierten Vorratshaltung.
Hinzu kommt der Einsatz einer entwickelten Metallurgie mit der Verarbeitung von Edelmetallen und Legierungen, wobei vor allem letztere, mit dem Aufkommen von Zinnbronzen, als einer der ausschlaggebenden Impulse für die Intensivierung der überregionalen Kontakte ab der Mitte des 3. Jahrtausends vor Christus zu betrachten sein dürfte. Gemessen an der vergleichsweisen großen Zahl an Spinnwirteln und Webgewichten, dürfte für Troia II die Textilproduktion ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in diesem Austauschsystem gewesen sein.
Die frühe Keramikproduktion von Troia II knüpfte in typologischer und technologischer Hinsicht noch sehr stark an diejenigen von Troia I an. Handgefertigte Gefäße mit grauen und schwarzen Oberflächen waren in Phase IIa noch durchaus üblich, wurden dann jedoch peu à peu von beigen, hellbraunen und rötlichen bis kräftig roten abgelöst. Die Einführung der Töpferscheibe, als weitere aus dem Osten nach Troia vermittelte Innovation, ermöglichte die schnelle und massenhafte Produktion von keramischen Produkten und führte zur Popularität bestimmter neuer Formen, wie insbesondere flacher Teller (Typ A2). Kein anderer Gefäßtyp ist in vergleichbar großer Stückzahl belegt. Bezeichnend sind gerundete Ränder, eine nur leicht nach außen gewölbte Wandung sowie ein mehr oder weniger abgeflachter Boden und teils recht tiefe Drehrillen auf der Außen- und vor allem Innenseite. Stephan W. E. Blum