Kommentar AfD

Einfach zu entzaubern

Das war er also, der große Showdown mit der AfD, dem der stellvertretende baden-württembergische Ministerpräsident Nils Schmid zunächst hatte fernbleiben wollen – um sich dann doch der von ihm als rechtsradikal bezeichneten Partei zu stellen. Und nach dem Podium des Reutlinger Generalanzeigers am Montagabend muss sich SPD-Spitzenmann Schmid fragen lassen, ob dieser Hickhack im Vorfeld eigentlich nötig war. Denn einfacher als auf so einer Veranstaltung ist die AfD nicht zu entzaubern

02.03.2016

Von Thomas de Marco

Diese Aufgabe übernahm dann zunächst Schmid selbst – zum einen wohl, um seiner Rolle als kämpferischer AfD-Chefankläger auch gerecht zu werden. Zum anderen aber auch, weil sich der Rest der Kandidatenschar anfangs stark zurückhielt und den stellvertretenden Ministerpräsidenten machen ließ. Große Probleme hatte der sehr solide auftretende SPD-Landesvorsitzende dabei nicht, denn AfD-Landtagskandidat Wolfram Hirt erwies sich nicht als die große Herausforderung von rechts: Wenig bewandert in der Sache, harmlos im Auftreten – der Walddorfhäslacher verbreitete keinesfalls den Schrecken, den die AfD bundesweit mit ihrem Spitzenpersonal den meisten Menschen einjagt.

Da waren Hirts Anhänger im Publikum meist unangenehmer für Schmid. Etwa, wenn sie dessen Beschwörung des funktionierenden Rechtsstaats höhnisch verlachten oder wild gegen dessen Vorwurf der rechten Rattenfängerei rebellierten. Immer wieder artikulierten die AfD-Befürworter eine generelle Protesthaltung, die auch ihre Verachtung für Tempolimits im Straßenverkehr umfasst.

Neben Hirt bekamen aber auch andere an diesem Abend ihre Grenzen aufgezeigt: Wibke Steinhilber von der FDP nutzte ihre Redezeit oft nur zur Hälfte aus und ließ häufig erkennen, dass sie im öffentlichen Diskurs doch noch stark zulegen muss. Überraschend farblos auch Jessica Tatti von den Linken, die sich zwischendurch total verhaspelte und dabei zur Überraschung aller deutsche Waffenlieferungen an Albanien monierte („ach, oder irgendwie so“). Sie ließ die AfD auffallend ungeschoren.

Aus dem Disput mit der Partei, an die seine CDU doch kräftig Stimmen verliert, hielt sich vor allem auch Dieter Hillebrand heraus. Der Mann, der seit 15 Jahren im Landtag sitzt, spulte lieber gekonnt, aber reichlich emotionslos seine politische Routine ab. Klarer Punktsieger an diesem Abend war der Grünen-Landtagsabgeordnete Thomas Poreski: Auf alle Fragen hatte der Mann, der mit seinen Grünen mittlerweile in den Umfragen mit der CDU gleichauf liegt, profunde Antworten und lieferte insgesamt einen sehr souveränen Auftritt.

In der Publikumsrunde, in der dann doch vor allem die etablierten Politiker gefragt waren, ließ sich Poreski auch die Steilvorlage eines AfD-Mitglieds nicht entgehen: Die Grünen seien doch für die Wiederansiedlung von Wölfen in den hiesigen Wäldern – ob er deshalb bald Angst haben müsse, einem Rudel gegenüberzustehen, fragte der Mann. Alles habe seine Grenzen, sagte da der Grünen-Landtagsabgeordnete – vor allem wolle er nicht, dass ein Wolf das Land regiere.

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Erstellt:
02.03.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 10sec
zuletzt aktualisiert: 02.03.2016, 01:00 Uhr

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