Bretagne-Krimi

Eine Leiche führt ins Paradies

Kommissar Dupin feiert Dienstjubiläum. In seinem zehnten Fall ermittelt er auf der Belle-Île. Autor Jean-Luc Bannalec schwärmt in „Bretonische Idylle“ von dieser wunderschönen Insel.

15.06.2021

Von JÜRGEN KANOLD

Niedrigwasser im Hafen des malerischen Fischerdorfes Sauzon auf der Belle-Île, der größten Insel der Bretagne: Sie ist der Schauplatz des neuen Dupin-Krimis „Bretonische Idylle“. Foto: Imago/Harald Lange

Niedrigwasser im Hafen des malerischen Fischerdorfes Sauzon auf der Belle-Île, der größten Insel der Bretagne: Sie ist der Schauplatz des neuen Dupin-Krimis „Bretonische Idylle“. Foto: Imago/Harald Lange

Ulm. Nicht durch Geburt, Glaube oder Herkunft werde man ein wahrer Bretone, das sei eine Frage der Einstellung, der Haltung, der Philosophie. Auf dem Prüfstand steht Kommissar Georges Dupin, der aus Paris stammt, also aus der Perspektive eines Bretonen betrachtet ungefähr aus dem feindlichen Ausland. Aber seit zehn Jahren ermitteltet Dupin, zwangsversetzt, für die Polizei in Concarneau, im südlichen Finistère – und bewährt sich prächtig.

Ein Dienstjubiläum für Dupin. Das muss gefeiert werden, mit gutem Essen, darunter einem rosa gebratenen Salzwiesenlamm, in einem seiner Lieblingslokale, dem „Ty Mad“ in Douarnenez. Nolwenn aber, Dupins Assistentin, arbeitet zunächst mal vor den Gästen ihre Liste ab. „Eine blühende Fantasie: Oh ja, die liegt bei Ihnen in Überfülle vor! Realismus und Entschiedenheit, mit Momenten des Mürrischseins und der Bärbeißigkeit: bei Ihnen kein Problem. Unbeugsamer Freiheitsdrang, rebellisches Naturell, prinzipielle Widerständigkeit und damit unüberwindbare Probleme mit Autoritäten: verkörpern Sie ohne Abstriche.“ Volle Punktzahl erhält Dupin auch bei der bretonischen Eigenschaft „ausgeprägte Liebe zu Essen und Trinken, einhergehend mit einer instinktiven Abneigung gegen Wasser“.

Ein neuer Lieblingsort

Wer mittlerweile auch als wahrer Bretone von den realen Einheimischen geschätzt wird, das ist der deutsche Autor und ehemalige Verleger von S. Fischer, Jörg Bong, der unter dem Künstlernamen Jean-Luc Bannalec schreibt. Mit seinen Bretagne-Krimis um Kommissar Dupin erzielt er nicht nur Millionen-Auflagen, er hat damit auch mächtig den Bretagne-Tourismus der Deutschen angekurbelt. Und nach der Lektüre seines neuen, zehnten Krimis „Bretonische Idylle“ dürften auf der Belle-Île, der größten Insel der Bretagne, die im Departement Morbihan liegt und mit der Fähre von Quiberon aus zu erreichen ist, auf Jahre hin die Betten knapp werden.

Denn Dupin, also Jörg Bong alias Jean-Luc Bannalec, kommt aus dem Schwärmen über dieses Paradies gar nicht mehr heraus. Das kennt man: Es gibt beim Tourismusverband der Bretagne eine regelrechte Karte mit den Tat- und Lieblingsorten Dupins. Wer sich auf die Spuren des Kommissars begibt, ist mit Reise- und Gastrotipps für den Urlaub bestens versorgt. Und jetzt die Belle-Île, wo Claude Monet einst malte und sagte: „Das Meer ist unglaublich schön und voller fantastischer Felsen.“ Wo sich Sarah Bernhardt, die legendäre Schauspielerin der Belle Epoque, unweit der Pointe des Poulains niedergelassen hatte: Ihr Anwesen kann heute besichtigt werden und gehört natürlich zu den Romanschauplätzen.

Genau, es geht ja um keinen Reiseführer zunächst, sondern um einen unterhaltsamen, spannenden Krimi. Dupin muss einen Mordfall in einem heißen August lösen. Vor der Küste des kleinen Dorfes Doëlan (Gemeinde Clohars-Carnoët) hat sich eine Männerleiche an einer Boje verfangen – die Verletzungen am Hals deuten auf Strangulation hin. Der Tote ist ein Schafzüchter von der Belle-Île, ein Bellilois, Patric Provost. Also auf, mit dem ganzen Team, zur Insel: mit der Bir, dem rasenden Polizeitboot, was Dupin hasst, wie seine Fangemeinde weiß. Aber Inspektor Riwal, dessen Schwester auf der Belle-Île wohnt, kann schon mal alle Mythen über die Insel erzählen.

Verhasstes Opfer

Provost jedenfalls stammt aus einer der alteingesessenen Familien, die man Acadiens nennt. Ihm gehörten viele Häuser und Grundstücke, er war äußerst geizig – und nicht wenige Menschen sind überhaupt nicht traurig, dass er tot ist: seine Ex-Frau, ein Schäfer, ein Menhir-Forscher, die Bürgermeisterin von Bangor, eine glühende Sarah-Bernhardt-Verehrerin, ein Whisky-Brenner und seine Frau, ein Kapitän der Fähre. Alle profitieren sie von Provosts Tod . . .

Und weil nun mal die Dienstjubiläumsfeier ansteht, muss sich Dupin ziemlich beeilen mit dem Fall. Der Krimi hat Tempo und Atmosphäre – ein Lesevergnügen, als Urlaubsersatz oder Urlaubslektüre. Nolwenn übrigens meint, dass es bei Dupin noch besser gehen könnte in puncto „das maßlose Schwärmen von der Bretagne sowie das Bewusstsein, dass sie der Anfang und das Ende aller Dinge ist“. Jörg Bong alias Jean-Luc Bannalec kann man das nicht verwerfen.

: Bretonische Idylle. Kiepenheuer & Witsch, 334 Seiten, 16 Euro. Foto: Kiwi

: Bretonische Idylle. Kiepenheuer & Witsch, 334 Seiten, 16 Euro. Foto: Kiwi

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Erstellt:
15.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 59sec
zuletzt aktualisiert: 15.06.2021, 06:00 Uhr

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