Gutenachtgeschichte

Ein schöner Abend und ein Haus voller Mäuse

Der Zuhörerandrang beim 4. Rottenburger Sommerleseabend war ungebrochen. Daran änderten auch ein paar Regentropfen nichts.

07.08.2019

Von Dunja Bernhard

Elisabeth Schröder-Kappus und Siegfried Kappus lasen gemeinsam Theodor Storm. Bild: Dunja Bernhard

Elisabeth Schröder-Kappus und Siegfried Kappus lasen gemeinsam Theodor Storm. Bild: Dunja Bernhard

Die jugendlichen Helfer trugen kurz vor Beginn des Leseabends noch Polsterstühle aus Ernst Heimes guter Stube vor das Nepomukhaus. Rund 160 Zuhörer saßen bereits auf Stühlen und mit Decken und Kissen belegten Holzbänken. Einige von ihnen nutzten die Chance und wechselten auf einen bequemeren Stuhl.

Unter ihnen Kulturamtsleiter und Geschäftsführer des Sülchgauer Altertumsvereins Karlheinz Geppert, der am Montag der „Gast des Tages“ war. „Den Blumenstrauß können Sie gleich an Ihre Frau weiterreichen“, sagte Nepomuk-Hausherr Heimes. Geppert nutzte die Gelegenheit, auf den Amannhof aufmerksam zu machen, dem ein Teil der an den Abenden gesammelten Spenden zugute kommt. Die andere Hälfte geht an den Förderverein Stadtbibliothek, der die Abende organisiert und Getränke und Käsespieße anbietet.

Die wenigen dicken Regentropfen, die pünktlich um 19 Uhr vom Himmel fielen, verzogen sich ebenso schnell, wie sie gekommen waren. Das Programm gestalteten fast ausschließlich Kiebinger. Das Ehepaar Elisabeth Schröder-Kappus und Siegfried Kappus las abwechselnd aus Theodor Sturms Novelle „Bulemanns Haus“.

Die Idee des gemeinsamen Lesens war entstanden, weil er zunächst eine andere Geschichte mit vielen Dialogen herausgesucht hatte, berichtete Kappus. „Die war aber nicht schaurig genug.“ Seine aus Flensburg stammende Frau schlug Sturms Geschichte vor. Kappus hatte die ursprünglich 20Seiten auf sieben gekürzt. Seine Frau hatte dieser Version den Feinschliff verpasst. Nach so viel Kompromissfindung war das Vorlesen sehr harmonisch. Im Gegensatz zu den Zuständen in Bulemanns Haus. Bulemanns Hartherzigkeit und Habgier führten dazu, dass sich die Flüche seiner verarmten Halbschwester erfüllten und der Hausherr greisenhaft zusammengeschrumpft in seinem von Mäusen bevölkerten und von riesengroßen Katzen bewachtem Haus gefangen endete.

Andreas Greis, Rektor des Eugen-Bolz-Gymnasiums und Neu-Kiebinger, las nach der Pause Jane Austens „Northanger Abbey“. Vor allem Frauen verbinden mit der britischen Autorin des beginnenden 19.Jahrhunderts romantische Liebesgeschichten und starke weibliche Hauptfiguren. Eine schaurige Stelle zu finden, war sicher nicht einfach. So sind es Cathrine Morlands blühende Phantasie und die mysteriösen Geschichten ihres Angebeteten Henry Tilney, die für die junge Pfarrerstochter zu einem unheimlichen ersten Abend in dem altehrwürdigen Kloster führen.

Doch Cathrine wäre nicht eine von Austen erdachte Frau, wenn sie sich nicht mutig den Umständen stellte und unerschütterlich an der Erforschung einer Papierrolle festhielte. Die erloschene Kerze zwingt Zuhörer und Pfarrerstochter, sich bis zum literarischen Tagesanbruch zu gedulden.

Für die musikalische Umrahmung sorgten Sopranistin Regina Greis, ihre Schülerin Caro Saia sowie Michael Eiden an der Gitarre mit Singer-Songwriter-Liedern und Chansons.

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Erstellt:
07.08.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 16sec
zuletzt aktualisiert: 07.08.2019, 01:00 Uhr

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