Mit Engelszungen

Ein muskelbepackter Transvestit mit Putzfimmel

Es ist schon erschreckend, wie schnell Google meine Suchgewohnheiten adaptiert und mich mit immer neuen Angeboten zum fröhlichen Shoppen verführen möchte. Gestern Abend ist es mir wieder aufgefallen: Kaum habe ich mich ein wenig nach Geschenken für die Lebensgefährtin erkundet, ploppen auf sämtlichen anschließend angeklickten Sportseiten plötzlich Frauen-Parfüms auf. Da frage ich mich schon: Für was für einen Typen hält Google mich?

02.01.2017

Von Maik Wilke

Denn das Präsent für die Freundin ist ja nicht so schnell ausgesucht, da kommen schon einige Klicks auf die unterschiedlichsten Webseiten zusammen. Soll es zum Parfüm noch ein schicker Mantel sein oder doch ein hübsches Kleid? Sobald die Geschenke im Warenkorb liegen, geht’s mit dem besten Freund weiter. Der wünscht sich schon lange eine Hantelbank oder zumindest neue Gewichte für die alten Bizeps-Schleifer. Weil sich die Mutter einen Staubsauger mit mehr Power wünscht, wird der gleich mitbestellt. Eintrittskarten fürs Musical Schwanensee für die Schwester? Bestellt.

So reihen sich bei Webseiten mit personalisierter Werbung Frauenkleider neben Fitnessgeräten und Putzutensilien. Für Google scheine ich folglich ein muskelbepackter Transvestit mit Putzfimmel zu sein, der wie eine Ballerina übers frisch polierte Parkett tänzelt.

Noch extravaganter wird es bei der Recherche für die Arbeit. Da werden regelmäßig Einbruchstatistiken ermittelt oder nachgeschaut, wie oft Butterflymesser und Pfefferspray mittlerweile verkauft werden. Wenn ich dann für eine Glosse prüfe, wie Gluteus Maximus richtig geschrieben wird, und sich dann noch die Recherche zur neuen Müllverordnung im Landkreis hinzugesellt, wird’s richtig interessant. Für Google bin ich anscheinend ein auf das Gesäß einstechender Langfinger mit Hang zur korrekten Mülltrennung.

Mittlerweile ist meine Beziehung zur Suchmaschine so verstrickt, dass mir mein eigener Eindruck, den ich bei ihr hinterlasse, nicht mehr egal ist. Als ich abends noch Nudeln übrig hatte, aber keine rote Pastasauce mehr, wollte ich Ei über die Teigwaren leeren. Für mich ein Novum. Damit Google mich aber nicht für einen absoluten Koch-Dümmling hält, gebe ich nicht einfach „Nudeln mit Ei“ in die Abfragemaske ein, sondern füge gezielt noch ein „verfeinern“ hinzu.

Das hatte einen doppelten Gewinn: Mit Spinat und Speck in der Pfanne hat das Abendmahl doch ganz gut geschmeckt, und mein Ruf in Irland und Kalifornien, dem europäischen und weltweiten Hauptsitz von Google, wurde weiterhin gewahrt.

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Erstellt:
02.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 58sec
zuletzt aktualisiert: 02.01.2017, 01:00 Uhr

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