Weihnachtsspendenaktion
Gärtnerei des VSP-Verein für Sozialpsychiatrie: Ein Gewinn für die Seele
Die Gärtnerei des Vereins für Sozialpsychiatrie tut Menschen mit psychischen Problemen besonders gut.
„Viel besser als Zitronenmelisse“, sagt Kerstin Weiß, die im Verein den Bereich Tagesstruktur Tübingen leitet – also verantwortlich ist für die Tübinger Angebote, die der Verein Menschen mit psychischen Problemen bietet. Dazu gehört die Gärtnerei – eines der Projekte der diesjährigen Weihnachtsspendenaktion des TAGBLATTS. Aber die Zitronenverbene, die aus den Subtropen stammt, ist auch heikler. Für die Teeherstellung muss es trocken sein – was es in diesem Herbst oft nicht war. Der Verein hat auf seinem Gartengrundstück einen Folientunnel, dort konnten die Blätter zwar vor Regen geschützt werden, aber die Luft war auch im Tunnel feucht – wieder ein Beispiel, weshalb dem Verein ein Betriebsgebäude auf dem Gartengrundstück wichtig ist. Dafür werden die Spenden gesammelt. Auf dem Dachboden könnten die Blätter der Zitronenverbene problemlos trocknen.
Darunter wären genug Platz für all die Arbeiten, die sonst in der Gärtnerei anfallen und für die jetzt der Besprechungsraum ein Provisorium ist. Um einem weiteren Tisch sitzen drei Frauen und fabrizieren Papiertütchen. Auch sie wollen ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. In die Tütchen wandern allerlei Samen: Sonnenblumen, Ringelblumen, dem Haferwurz oder der Engelbohne. Auf deren Samenkugeln sind in edelstem Weiß filigrane schwarze Flügel zu sehen – wie gemalt sehen sie aus.
„Da geht es nur ums pure Funktionieren“
Ganz ruhig basteln die Frauen Tütchen um Tütchen, da hetzt niemand. Anders war dies in den Jahren, in denen sie im sogenannten Ersten Arbeitsmarkt waren. „Da geht es nur ums pure Funktionieren“, erzählt eine Frau, die im Verkauf tätig war. Hektik, Mobbing, nach der Arbeit Schlaflosigkeit vor lauter Sorgen – eines Tages ging nichts mehr: „Wir sind Kriegsveteranen des Ersten Arbeitsmarktes.“
Es war der Verein, der sie wieder aufgerichtet hat. „Wir haben keine großen Maschinen“, sagt Judith Krieger, die mit Franziska Schüle die Gärtnerei leitet: „Wir können viele Aufgaben geben für die Menschen, die nicht so leistungsfähig sind wie der Arbeitsmarkt das gerne hätte. Bei uns finden sie immer eine Aufgabe.“
„Die Leiterinnen hier sind sehr sozial, sehr solidarisch“, sagt die Frau. Ihr hat besonders die Arbeit im Garten gut getan. Auch „das Zwischenmenschliche dort ist so toll, dass es auch über schwere Tage hinweg trägt“, sagt sie. Das merkt auch ihr Umfeld: „Andere sagen: Wenn ich von der Arbeit erzähle, leuchten meine Augen.“
Kerstin Weiß erinnert sich an den Moment, als der Folientunnel fertig war: „Hinterher standen alle um ein Feuer, unsere Klienten,
wir Mitarbeiter, ehrenamtliche Helfer. Das gibt eine ganz andere zwischenmenschliche Dynamik. Durch die gemeinsame Arbeit entstehen Bekanntschaften und Freundschaften.“
Und es entstehen Produkte: „Die Erde bearbeiten, Pflanzen pflegen, zu ernten – da von Anfang an dabei zu sein, gefällt mir“, sagt der Mann. „Diese Klienten gehören zu einer Gruppe, die was bewegt“, sagt Kerstin Weiß.
Manche kommen aus schweren Situationen und sind psychisch sehr angeschlagen. „Aber man merkt, wie sie sich sichtbar stabilisieren. Das sieht man schon nach wenigen Wochen. Umgekehrt hat gerade Corona gezeigt, wie der Verlust der Gruppe Menschen wieder in die Krise gestürzt hat.“
Ein Platz in der Gärtnerei ist deshalb sehr begehrt: „Wir bekommen wahnsinnig viel Anfragen.“ Am alten Standort in der Gartenstraße konnten sie nicht alle bedient werden. Da eröffnet das Ammertal neue Perspektiven, es muss aber auch finanziert werden. Dafür ist die TAGBLATT-Spendenaktion ein wichtiger Baustein.
Für die Gärtnerei oder für Mädchenarbeit