Interview mit Wincent Weiss

Ehrlichkeit, Haus, Kind und Garten

Der deutsche Sänger und Songwriter Wincent Weiss spielt am kommenden Samstag beim Sommer-Open-Air auf dem Eugen-Bolz-Platz in Rottenburg. Das TAGBLATT bekam den Mädchenschwarm gestern ans Telefon.

15.08.2019

Von Hete Henning

Wincent Weiss wünscht sich Haus, Kind und Garten. Das sei zwar spießig, sagt er, aber für ihn erstrebenswert. Bild: Christoph Köstlin

Wincent Weiss wünscht sich Haus, Kind und Garten. Das sei zwar spießig, sagt er, aber für ihn erstrebenswert. Bild: Christoph Köstlin

Wincent Weiss hat gerade sein zweites Album „Irgendwie anders“ veröffentlicht und ist damit auf Sommertournee. Der 26-Jährige kommt aus Schleswig-Holstein.

TAGBLATT: Moin, Herr Weiss.

Wincent Weiss: Moin!

Wo sind Sie gerade?

Ich bin in München und hab’ mich grade in den Park gesetzt. Ich bin im Studio und arbeite an neuer Musik, weil ich ein bisschen schreiben möchte. Ich hab mir einen Saft mitgenommen, die Sonne scheint, und ich sitz’ jetzt hier im Freien und führe Interviews.

Ich dachte, Sie hätten heute (Mittwoch) ein Heimspiel in Heiligenhafen an der Ostsee.

Das ist morgen, da setze ich mich in den Flieger nach Hamburg. Meine Großeltern holen mich am Flughafen ab, und dann fahren wir zusammen nach Heiligenhafen.

Was fällt Ihnen zu Schleswig-Holstein ein?

An alles, was in meiner Kindheit und Jugend so passiert ist. Ich bin nicht an einem Ort explizit aufgewachsen, sondern ich bin zehn, elf Mal umgezogen vor meinem Abi. Von daher hab ich so’n bisschen Dorf-Hopping gemacht. Ich denk’ immer sofort an den Strand, wo ich Hausaufgaben gemacht habe, ich denk’ an wilde Dorfpartys, als ich endlich mal volljährig war, ich denk’ an meine schöne Schulzeit. Dann bin ich leider nach dem Abi gleich
ausgezogen und nach München gezogen. Aber ich wohn’ jetzt
tatsächlich wieder in Schleswig-Holstein.

Wo denn da? Verraten Sie das?

Grob ist es wieder der Lübecker Raum. Ich bin so selten zu Hause, und wenn ich mal Zeit hab’, möchte ich in der Nähe von meiner Familie sein, meiner Schwester und meiner Mum und meinen Großeltern, die werden ja alle nicht jünger. Ist schön, wenn man da mal vorbeischauen und ‚Hallo‘ sagen kann.

Es heißt, Sie seien eigentlich ein Heavy-Metal-Fan...

Das stimmt. 80 Prozent meiner Freizeit geht doch an die Heavy-Metal-Musik.

Was ist Ihre Lieblingsband?

Lieblingsband? Oha. Lieblingsband... Ich würd’ sagen Asking Alexandria (eine britische Metalcore-Band). Das war so eine Band, mit der ich angefangen hab’, so’n bisschen Musik zu machen. Ein Freund von mir hat die ganzen Schreie gemacht und die härteren Gesangsparts, und ich hab’ die ganz normalen Gesangsparts übernommen. Dadurch bin ich zur Musik gekommen, deshalb wird das mein Leben lang eine favorisierte Band bleiben.

Welches ist denn Ihr Lieblingsfilm?

Schwierige Frage. Aber ich würde sagen, die Ursprungsversion von „König der Löwen“. Bei
dem Film kann man auch als Mann mal eine Träne verdrücken, wenn da die familiären Schicksalsschläge passieren. Den Film würde ich auch meinen Kindern zeigen.

Und Ihr Lieblingsbuch?

In der Schulzeit war’s „Faust“ (kichert). Ich fand das als Schüler sehr, sehr komplex, mich da reinzulesen, aber fand’s dadurch auch superspannend. Ich musste da teilweise Sätze drei vier, fünf Mal lesen, bis ich’s gecheckt hab’. Deshalb find’ ich das schon geil. Im Moment sind’s viele Lehrbücher, um mich weiterzubilden. Ich mach’ gerade ein Fernstudium zum Fitness-Trainer und lese jede Menge Sachbücher.

Haben Sie als Kind schon viel gesungen? Wenn ja, mit wem?

Tatsächlich nicht. Ich komm’ aus einer Familie, die mit Musik gar nichts am Hut hat. Ich bin da so ein bisschen ein Querschläger. Mit 17 hab’ ich mir eine Gitarre gekauft und angefangen, für mich selber zu singen. Ich hab’ davor auch schon gesungen, aber nur heimlich im Auto und unter der Dusche, und hab’ das nie richtig Leuten gezeigt, weil mir das immer etwas unangenehm war. Das war ein Lernprozess mit dem Singen lernen, das kam mit den Jahren.

Haben Sie immer autobiografische Sachen gesungen?

Ja. Am Anfang hat mir die Plattenfirma natürlich ganz viele Songs geschickt, die ich singen sollte. Aber ich kann mich da nicht so reinversetzen, wenn das nicht von mir kommt. Ich hatte genug zu erzählen, ich hatte fürs erste Album 40 Songs geschrieben, und deswegen dachte ich, warum nicht darauf zurückgreifen? Ich hab’ dann die ersten Shows gespielt und fand’s auch leichter, weil ich den Leuten erzählen konnte, der nächste Song handelt von mir und der und der Story. Ich finde, Ehrlichkeit und Authentizität sind das wichtigste, was man auf der Bühne geben sollte.

In einem Zeitungsartikel stand neulich, gut 70 Prozent Ihrer Konzertbesucher seien Frauen . Viele Fans finden Sie „niedlich“. Mich würde das an Ihrer Stelle extrem nerven.

Was ich mir schon alles anhören musste, was ich alles bin... Da kriegt man irgendwann ein dickes Fell. Von Fun-Boy zu Teenie-Schwarm zu Schwiegermamas Liebling. Aber das sind ja alles noch Komplimente, von daher ist es in Ordnung.

Okay...

Aber klar (Weiss redet jetzt sehr schnell), man möchte natürlich, wenn man 26 ist, irgendwann als gestandener junger Mann wahrgenommen werden. Ich sehe auch einfach superjung aus. Wenn ich in eine Bar gehe und eine Frau ansprechen möchte, dann gucken die mich an und sagen, was willst du Junge von mir. So’n bisschen Dreitagebart würde vielleicht helfen, aber ist noch nix zu machen.

Sie singen viel über die Familie, die sie gerne hätten, Haus, Kind, Garten, in der Reihenfolge.

Das ist schon eine sehr spießige Ansicht, aber ich finde das irgendwie megaschön, wenn ich meine Großeltern zum Beispiel sehe, die hatten gerade ihren 53. Hochzeitstag. Das ist so rar geworden, dass Leute so lange zusammen sind. Ich find’ das erstrebenswert, als Zukunftsvorstellung, auch wenn’s spießig ist. Ich muss nicht unbedingt morgen
Papa werden, ist ja noch nicht
mal die Frau da. Aber es wäre natürlich schön, wenn das irgendwann passiert, dass die eigene Familie da ist.

Familie haben und ewig auf Tour sein ist wahrscheinlich schwierig.

Da muss man natürlich eine Balance finden. Die letzten drei Jahre war ich 350 Tage im Jahr nicht zu Hause. Ende letzten Jahres war ich wirklich völlig fertig und dachte, das kann nicht so weitergehen. Ich hab’ die letzten Jahre 120 Konzerte gespielt. Wenn ich das nächste Jahr die Planung etwas entspannter angehe, dann sollte ich auch offen sein dafür, eine Frau kennenzulernen.

Im Internet ist zu lesen, Sie seien Skateboard- und Snowboard-Enthusiast und ein Fan schneller Autos und Motorräder. Wann haben Sie sich zum letzten Mal mit dem Skateboard auf die Klappe gelegt?

So richtig auf die Klappe gelegt ist schon ein bisschen her. Ich bin zwar noch jung, aber man wird wirklich auch jetzt schon vorsichtiger. Was ich mit 16 auf dem Skateboard alles für Sprünge gemacht hab’ und mich Treppengeländer runtergestürzt hab’, da stehe ich heute davor und denke, auf gar gar keinen Fall mache ich das jemals in meinem Leben wieder. Ich bin nicht mehr so waghalsig, deshalb kommen diese krassen Stürze nicht mehr zustande. Aber ich schaff’s auch echt selten. Vielleicht alle zwei Monate komm’ ich dazu, eine Stunde zu fahren.

Hier gibt es Tickets fürs Konzert

Wincent Weiss spielt am Samstag, 17. August, beim Sommer-Open-Air auf dem Eugen-Bolz-Platz. Das Konzert beginnt um 20 Uhr. Eintrittskarten gibt es in den Geschäftsstellen des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTs für 43,50 Euro inklusive Vorverkaufsgebühr.

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Erstellt:
15.08.2019, 01:30 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 33sec
zuletzt aktualisiert: 15.08.2019, 01:30 Uhr

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