Varta

E-Auto-Batterien: Varta strebt Technologie-Führerschaft an

Der Markt für E-Autobatterien ist von asiatischen Herstellern dominiert. Jetzt will der deutsche Konzern einsteigen – mit Batteriezellen, die besonders schnell laden.

12.11.2021

Von Peter Ilg

Varta ist führend in der Produktion von Mikrobatterien (Bild). Diese Technologie für Lithium-Ionen-Zellen soll nun in größerem Maßstab für Autos zum Einsatz kommen. Foto: VARTA AG/obs

Varta ist führend in der Produktion von Mikrobatterien (Bild). Diese Technologie für Lithium-Ionen-Zellen soll nun in größerem Maßstab für Autos zum Einsatz kommen. Foto: VARTA AG/obs

Ellwangen. Der Akku fürs Auto ist fest in asiatischer Hand. Panasonic, LG und CATL aus Japan, Südkorea und China beherrschen den Markt. Die deutsche Autoindustrie ist mit ihren Elektrofahrzeugen abhängig von diesen Lieferanten. Um eigenständiger zu werden, wollen alle deutschen Autohersteller eigene Batteriefabriken im Land aufbauen. Offensichtlich hatten BMW, VW und Mercedes die Bedeutung der Batterie unterschätzt. „Dass gerade die Einflussnahme auf die Entwicklung und Produktion von Akkus langfristig zu Wettbewerbsvorteilen führen könnte – etwa im Hinblick auf Reichweite, Ladevorgang und Kosten – stand zunächst weniger stark im Mittelpunkt ihrer Überlegungen“, sagt Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen.

Eine vollständige Unabhängigkeit von Auslandsmärkten hält Reindl weder für möglich noch erstrebenswert, weil die globalen Zusammenhänge sehr komplex und die Abhängigkeiten von Rohstoffen für die Akkus groß sind. „Es muss bei den Akkus insbesondere darum gehen, die Technologieführerschaft anzustreben, um im globalen Wettbewerb zu bestehen“, sagt Reindl. Dann können die deutschen Autohersteller vom Getriebenen wieder zum Treiber der Branche werden.

Nun schickt sich ein deutsches Unternehmen an, die Technologieführerschaft bei Batteriezellen für Elektroautos zu übernehmen. Es ist die Firma Varta aus dem schwäbischen Ellwangen. Das Unternehmen hat eine Zelle entwickelt, die in der Hochleistungsausführung in drei Minuten zu 80 Prozent laden soll. Wie schnell ein E-Auto in der Praxis lädt, hängt neben der Batterie auch von der Leistung der Ladestelle und des Autos ab. In sechs Minuten wäre der Akku zu 100 Prozent geladen – was aber nicht sinnvoll ist, weil völlig leerfahren und ganz vollladen den Akku schneller altern lässt und seine Lebensdauer dadurch mindestens halbiert.

Derzeit baut Varta eine Pilotanlage zur Herstellung der neuartigen Batteriezellen am Stammsitz auf. „Die Anlage soll Ende des Jahres stehen, anschließend wollen wir in die Serienfertigung der Batteriezellen gehen“, sagt Herbert Schein, Vorstandsvorsitzender von Varta. Wie groß die Fabrik wird, hängt davon ab, wie viele Kundenaufträge die Firma bekommt. Sie soll aber mindestens 2 Gigawattstunden an Zellen liefern. Zum Vergleich: Die Batteriefabrik von Tesla in Grünheide soll mit 50 Gigawattstunden eine vielfach höhere Kapazität haben. Schon die Zahlen zeigen, dass Varta anfangs nicht den Massenmarkt bedienen wird. „Wir konzentrieren uns auf Batterien für Premiumfahrzeuge mit hoher Leistung“, sagt Schein. Es ist üblich, dass neue Technologien zuerst in hochpreisigen Fahrzeugen eingesetzt werden, an denen am meisten zu verdienen ist.

Die Knopfzellentechnologie, bei der das Unternehmen führend ist, überträgt Varta nun auf das Rundzellenformat 21700, das in Autos zum Einsatz kommt. Dieses Format ist ein global weit verbreiteter Standard, der auf handelsüblichen Maschinen gefertigt werden kann. 21700 ist die Bezeichnung für die zylindrischen Zellen mit den Abmessungen 21 auf 70 Millimeter. Auch Tesla baut Batterien in diesem Format. Künftig will Varta auch größere Zellen bauen, weil sich so die Kosten pro Zelle reduzieren lassen.

Mit dem Einstieg in Autobatterien will sich das Unternehmen gleichzeitig einen neuen Geschäftsbereich aufbauen: Indem es Kunden anbietet, Akkus zu recyceln. „Nach unseren Forschungsergebnissen lässt sich eine Lithium-Ionen-Zelle komplett und sogar effizient recyceln“, sagt Schein. Die Akkus aufzubereiten ist günstiger, als neues Material zu fördern. Damit wären die Fragen nach dem Verbleib alter Akkus und ausreichenden Rohstoffen gelöst.

Ob Varta aufgrund seiner langen Erfahrung anderen voraus ist, sei schwer einzuschätzen, sagt Bresser, zumal auch bei den asiatischen Herstellern und Tesla die Entwicklung voranschreitet. Tesla plant ein neues Design, mit dem nicht an wenigen, sondern an allen Stellen des Akkus Strom abgenommen wird: „Das ist zwar mutmaßlich eine andere Technologie als bei Varta, die aber in die gleiche Richtung zielt.“

Konzernumsatz

sackt ab

Als Standort für die Produktion nennt Varta-Chef Herbert Schein „den Platz, an dem wir eine bestehende Infrastruktur für Lithium-Ionen-Akkus haben und diese erweitern können“. Das könnte im bayrischen Nördlingen sein. Dort hat Varta Ende Juni eine Fabrik für Lithium-Ionen-­Batterien im Knopfzellenformat eröffnet – in diesem Bereich ist Varta Weltmarktführer. Weil neue Kundenprojekte verzögert anliefen, sackte allerdings der Gesamtumsatz in den ersten neun Monaten 2021 um 1,3 Prozent auf 622,3 Millionen Euro.

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Erstellt:
12.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 08sec
zuletzt aktualisiert: 12.11.2021, 06:00 Uhr

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