Umwelt

Dürre im Urlaubsparadies

Kurz vor Start der Sommersaison macht Südeuropa der Wassermangel zu schaffen. Besonders dramatisch ist die Lage in Katalonien.

28.04.2023

Von Von Emilio Rappold, dpa

In Katalonien sind die Stauseen im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt. Von Wasserstand kann an dieser Anlegestelle im Sau-Stausee etwa 100 Kilometer nördlich von Barcelona gar nicht mehr die Rede sein. Foto: Emilio Morenatti/AP

In Katalonien sind die Stauseen im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt. Von Wasserstand kann an dieser Anlegestelle im Sau-Stausee etwa 100 Kilometer nördlich von Barcelona gar nicht mehr die Rede sein. Foto: Emilio Morenatti/AP

Wer dieser Tage in Barcelona bei Temperaturen von bereits deutlich über 20 Grad an den Strand geht, muss sich aufs Schlangestehen gefasst machen. Die Hauptstadt Kataloniens hält nämlich pro Strand nur eine einzige Dusche in Betrieb. Der Grund: eine extreme, seit vielen Monaten anhaltende Dürre, die inzwischen sogar zu Einschränkungen des Wasserverbrauchs in über 200 Gemeinden der Region im Nordosten Spaniens geführt hat.

Ähnliche, wenn auch weniger gravierende Probleme hat man in Andalusien sowie in anderen europäischen Urlaubsparadiesen. Kurz vor Beginn der Sommersaison macht sich daher nicht nur die Tourismusbranche Sorgen. Immer mehr Südeuropa-Fans in Deutschland und anderswo fragen sich: Muss ich im Urlaub mit trockengelegten Pools und Duschverboten rechnen?

Die Sorgen sind nicht unberechtigt: In Katalonien sind die Stauseen im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt. Vor einem Jahr waren es noch 58 Prozent. Schon seit Herbst 2021 regnet es in der Region extrem wenig. Experten sprechen von der schlimmsten Dürre in Katalonien seit Beginn der Erfassungen im Jahr 1914. Die Malaise wird von Forschern zum größten Teil auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückgeführt.

„Wegen des Klimawandels müssen wir damit rechnen, dass die Dürren in den nächsten Jahrzehnten noch häufiger, intensiver und länger anhaltend sein werden“, warnt Javier Martín Vide, Professor für Physische Geographie an der Universität Barcelona. Auch kurzfristig sei die Lage nicht rosig. „Ein Ende dieser Dürre ist nicht in Sicht.“ Untersagt sind mittlerweile unter anderem die Bewässerung öffentlicher und privater Grünflächen sowie die Straßenreinigung mit Trinkwasser. Pläne, das Auffüllen von Hotel-Pools und Schwimmbädern zu verbieten, wurden jüngst ad acta gelegt. Aber die Privathaushalte in den betroffenen Gebieten mit insgesamt mehr als sechs Millionen Einwohnern werden ihre Pools unter anderem wegen eines Konsumlimits von 230 Liter pro Kopf und Tag kaum genießen können.

Wenn es jetzt schon so schlimm ist, wie wird es dann im Sommer sein, wenn die Touristenströme anreisen und der Wasserkonsum nochmal drastisch in die Höhe schnellt? Zumal Spanien einen Besucherrekord erwartet. In dem auch bei Deutschen beliebten Lloret de Mar kommen zu den 40 000 Einwohnern im Sommer 100 000 Touristen hinzu. An der gesamten Costa Brava wächst im August die „Bevölkerungszahl“ von 265 000 auf circa 1,2 Millionen.

Das katalanische Wasseramt ACA gibt Entwarnung – vorerst zumindest: Bei den Einschränkungsmaßnahmen seien die Sommer-Touristenströme berücksichtigt worden, sodass das Wasser ausreichen müsste, sagte ACA-Chef Samuel Reyes. Aber spüren dürften die Besucherinnen und Besucher das Problem auf jeden Fall – etwa in Hotels, die schon jetzt mit Sparduschköpfen den Wasserdruck verringern.

Wie sieht es in anderen beliebten Ferienzielen aus? In Italien macht man sich vor allem im Norden Sorgen. Insbesondere der bei Touristen beliebte Gardasee sowie der Po, Italiens größter Fluss, leiden unter extrem niedrigen Wasserständen.

Massiver Imageschaden

Doch die Tourismusbranche denkt auch ans Geschäft und beklagt eine „Dürre-Kampagne“, die zu einem massiven Imageschaden und einem Rückgang der Besucherzahlen in der Region führen könne. Es gebe „alarmistische Berichte“, heißt es.

Die Dürre schafft aber derweil sogar neue Attraktionen, die Touristen locken. Die Behörden Kataloniens mussten im vorigen Sommer den Zugang zum Sau-Stausee nördlich von Barcelona beschränken, weil der Andrang der Menschen, die die sonst unter Wasser stehende Kirche Sant Romá aus dem 11. Jahrhundert sehen wollten, zu groß geworden war. Und im Gardasee war die Insel San Biagio Anfang des Jahres zur Begeisterung vieler Touristen wegen des Wassermangels plötzlich zu Fuß erreichbar.

40

Prozent Wasser müssen die Landwirte in Katalonien sparen, die Industrie 15 Prozent. Denn trotz der jüngst beschlossenen Wassersparmaßnahmen sinken die Pegel weiterhin rapide.

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Erstellt:
28.04.2023, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 28.04.2023, 06:00 Uhr

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