Verkehr
„Die ewigen Ausreden akzeptieren wir nicht mehr“
Der Gewerkschaftsvorsitzende der Lokomotivführer, Claus Weselsky, will im Tarifstreit nicht vor der Deutschen Bahn einknicken.
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Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky: „Streik ist das letzte Mittel einer Auseinandersetzung.“ Foto: Rainer Jensen
Seit Monaten streiten die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) über Tarifverträge. Am Sonntag läuft die Friedensfrist aus. Ob es Streiks gibt und was er gegen Boni für Bahn-Vorstände hat, erklärt GDL-Chef Claus Weselsky.
Herr Weselsky, wird die GDL von Montag an streiken?
Claus Weselsky: Nein, der Streik ist das letzte Mittel einer Auseinandersetzung. Vor einem Streik müssen Verhandlungen stehen. Die GDL hat ihre Forderungen für die Tarifrunde 2021 aber noch nicht gestellt. Wenn wir die gestellt haben, treten wir mit dem Vorstand in Verhandlungen und versuchen, einen Kompromiss zu finden.
Was sind Ihre Forderungen?
Wir fordern 4,8 Prozent mehr Lohn und eine Einmalzahlung als Corona-Hilfe in Höhe von 1300 Euro. Wir werden zudem keinen Tarifvertrag unterschreiben, bei dem nicht festgelegt ist, dass die Führungskräfte auf ihre Boni verzichten. Wir verlangen vom Steuerzahler Milliarden und dann stecken sich die Führungskräfte die Hosentaschen voll. Das kann nicht sein.
Die Bahn muss das Tarifeinheitsgesetz umsetzen – Tarife der mitgliederstärksten Gewerkschaft anwenden. Warum kooperieren Sie nicht?
Wir hätten sehr wohl die Möglichkeit, den Tarifgrundsatzvertrag umzusetzen und die Tarifpluralität in den Betrieben zu leben. In anderen Konzernen funktioniert Pluralität. Doch die Deutsche Bahn lehnt es ab, einen Vertrag, der fünf Jahre funktioniert hat, zu verlängern. Das ist eine Kampfansage. Die Deutsche Bahn will die Auseinandersetzung, und sie bekommt sie.
Die Bahn steckt wegen Corona tief in der Krise. Ist das die Zeit für Lohnerhöhungen?
Die Zeit für Lohnerhöhungen ist es vielleicht nicht in dem Maße wie in guten Zeiten. Aber es ist die Zeit, dass wir Ordnung schaffen im Konzern. Seit 25 Jahren verpuffen Sanierungsbeiträge in einer ineffizienten Struktur und einem Konzern, der sich am anderen Ende der Welt vergnügt, während in Deutschland beim ersten Schnee die Züge stehen bleiben. Diese ewigen Ausreden akzeptieren wir nicht mehr. Wir sind Eisenbahner, und wir wissen, dass die Eisenbahn anders kann.
Hat die Bahn in der Pandemie alles richtig gemacht?
Die Bahn hat so gut wie nichts dafür getan, die Betriebskosten zu senken und somit Ausfälle zu minimieren. Wir sind das ganze Jahr über mit Zügen durch das Land gefahren, die teilweise zu zehn Prozent besetzt waren. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.
Im März steht die Vertragsverlängerung von Richard Lutz an. Sollte er Bahnchef bleiben?
Ich halte die Vertragsverlängerung zu dem Zeitpunkt für unanständig. Die Verträge laufen bis 2022. Warum sollte man ein Jahr vorher eine Verlängerung über fünf Jahre anstreben? Die Antwort: Damit die Abfindungszahlung so hoch wie möglich ist. Damit müssten die Führungskräfte rechnen, wenn bei der Bundestagswahl eine andere Koalition zustande kommt und damit eine andere Eisenbahnpolitik.