Vorschau

Die Kunst wartet schon

Kiefer und Rubens, Pracht und Experiment: Die Museen im Land bereiten im Lockdown neue Ausstellungen vor – oder haben sie längst aufgebaut.

03.03.2021

Von Marcus Golling

Kunstgenuss mit Maske: Anselm Kiefers Werke in Mannheim durften bisher nur wenige Fachbesucher betrachten. Foto: Uwe Anspach

Kunstgenuss mit Maske: Anselm Kiefers Werke in Mannheim durften bisher nur wenige Fachbesucher betrachten. Foto: Uwe Anspach

Es sieht nicht gut aus für die Kultur. Wenn Bundesregierung und Länder an diesem Mittwoch das beschließen, was im Vorfeld durchgesickert ist, könnte es Wochen dauern, bis wieder ein Museum öffnen darf. Nachdem 2020 die Pandemie jegliche Planungen auf den Kopf gestellt hat, tun sich die Museen und Ausstellungshäuser im Land 2021 schwer mit dem Blick in die Zukunft: Sie planen trotzdem neue Projekte – oder hoffen, zunächst noch ein Publikum für die Präsentationen zu finden, die von der Schließung im November kalt erwischt wurden.

Zum Beispiel die Staatsgalerie Stuttgart. Für den 26. März ist der Start der Ausstellung „Joseph Beuys: Der Raumkurator“ (bis 18. Juli) geplant, ein Datum, das zumindest theoretisch noch zu schaffen wäre. Es wäre im Jahr, in dem der Jahrhundertkünstler 100 Jahre alt geworden wäre, ein Zeichen der Hoffnung. Anderes steht schon fertig bereit: Die Impressionisten-Schau „Mit allen Sinnen!“ war vor dem Lockdown nur zwei Wochen geöffnet und soll nach dem Neustart bis 4. Juli laufen – allerdings an anderer Stelle im Altbau, in den ursprünglichen Räumen sind die Bauarbeiter zugange. Im Herbst, so ist die Hoffnung, könnte es wieder geregelter zugehen. „Becoming Famous: Peter Paul Rubens“ (22. Oktober bis 20. Februar 2022) erzählt vom Aufstieg des flämischen Malers zum Star des Barock.

Auch das Kunstmuseum Stuttgart hat „Wände / Walls“ verlängert, bis 30. Mai. Danach geht es an den Wänden des städtischen Hauses nicht mehr um Wände, sondern unter dem Titel „zwischen system&intuition“ um weibliche Protagonistinnen der Konkreten Kunst (26. Juni bis 17. Oktober). Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Sammlung LBBW werden schließlich unter dem Motto „Jetzt oder nie“ herausragende Werke von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart präsentiert (13. November bis 20. Februar 2022).

Marina Abramovic mal spirituell

Die Kunsthalle Tübingen setzt 2021 zunächst auf die minimalistische Konzeptkunst von Karin Sander (27. März bis 4. Juli), bevor ein Star der Gegenwartskunst seine Aufwartung macht: die Performancekünstlerin Marina Abramovi?. „Jenes Selbst / Unser Selbst“ (24. Juli bis 13. Februar 2022) rückt der Kunsthalle zufolge erstmals die spirituellen Aspekte im Werk der Serbin ins Zentrum.

In der Kunsthalle Mannheim wartet schon seit Wochen die mythisch aufgeladene Überwältigungskunst Anselm Kiefers darauf, vom Publikum erfahren zu werden, die Laufzeit wurde bis 22. August verlängert. In Deutschland weit weniger bekannt ist der belgische Symbolist James Ensor (11. Juni bis 3. Oktober), dem die zweite große Schau in Mannheim gewidmet ist. Zum erwarteten Corona-Babyboom passt ein Kooperationsprojekt mit dem dänischen Louisiana Museum of Modern Art: „Mutter!“ (1. Oktober bis 6. Februar 2022).

Joseph Beuys' 100. Geburtstag wird in Stuttgart, Ulm und Heilbronn gefeiert. Foto: Lothar Wolleh Estate

Joseph Beuys' 100. Geburtstag wird in Stuttgart, Ulm und Heilbronn gefeiert. Foto: Lothar Wolleh Estate

Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe , die dieses Jahr 175 Jahre alt wird, will bis 5. April noch einmal den Rokokomaler François Boucher zeigen. Danach haben die Badener für 2021 nur noch eine Ausstellung im Köcher: Nach „Inventing Nature. Pflanzen in der Kunst“ (22. Mai bis 19. September) geht es in eine mehrjährige Sanierungspause. Bitter ist die Pandemie für das Museum Frieder Burda in Baden-Baden: Seine Ausstellung mit Arbeiten des Franzosen Pierre Soulages war nur wenige Tage im Oktober zu sehen und wird auch nicht wiedereröffnen. Stattdessen gibt es „Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde“ (27. März bis 15. August), eine Kooperation mit dem Museum Barberini in Potsdam.

Prachtvolles plant die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall: Sie zeigt ab Ende März Werke des Haller Bildhauers Leonhard Kern (1588–1662), der in der Barockzeit die Fürstenhöfe Europas belieferte, aus der Kaiserlichen Schatzkammer Wien und aus der Sammlung – im Dialog mit Kunst des 20. Jahrhunderts. Ganz in der Gegenwart und ihren politisch-künstlerischen Diskursen ist das Zeppelin-Museum Friedrichshafen mit „Beyond States: Über die Grenzen von Staatlichkeit“ (bis 7. November) unterwegs. Wer stattdessen eine „Auszeit“ braucht, bekommt diese im Kunstmuseum Ravensburg: Dort geht es um Pausen in der Kunst (17. April bis 11. Juli).

Der 100. Beuys-Geburtstag ist übrigens nicht nur in Stuttgart Thema einer Ausstellung. Das Museum Ulm nimmt unter dem Titel „Ein Woodstock der Ideen – Joseph Beuys, Achberg und der deutsche Süden“ (bis 4. Juli) vor allem das politische und gesellschaftliche Engagement des Künstlers in den Blick. Danach reist die Schau in die Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn weiter (24. Juli bis 7. November).

Blick über die Landesgrenzen

Frankfurt In der Schirn stehen „Magnetic North: Mythos Kanada in der Malererei 1910-1940“ sowie eine Retrospektive des Künstlerduos Gilbert&George für die Zeit nach dem Lockdown bereit. Das Städel Museum hat seine Beckmann-Schau bis 6. Juni verlängert. Ab Oktober geht es dort um den jungen Rembrandt.

München Das Haus der Kunst präsentiert nach der Wiedereröffnung das Werk der britischen Bildhauerin Phyllida Barlow. Die Kunsthalle zeigt den holländischen Künstler Erwin Olaf (ab 14. Mai), im Herbst dann Belgische Moderne von Ensor bis Magritte (ab 15. Oktober).

Basel Die Fondation Beyeler hat große Namen im Programm: Olafur Eliasson (ab April) und – mit gut einem Jahr Verspätung – Goya (ab 10. Oktober). Das Kunstmuseum Basel bietet Camille Pissarro (ab 4. September).

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Erstellt:
03.03.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 36sec
zuletzt aktualisiert: 03.03.2021, 06:00 Uhr

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