Tübingen/Stuttgart

Die Alarmstufe rückt näher: Welche Einschränkungen bald drohen

Die vierte Corona-Welle breitet sich weiter aus. Nicht nur die Fallzahlen nehmen zu, auch mehr und mehr Intensivbetten sind durch Corona-Infizierte belegt. In Kürze dürfte deshalb in Baden-Württemberg die Alarmstufe ausgerufen werden – die höchste Vorsichtsstufe mit den schärfsten Maßnahmen in der gültigen Corona-Verordnung.

09.11.2021

Von Moritz Hagemann

In die Tübinger Marktschenke geht es derzeit auch noch mit einem PCR-Test. In der Alarmstufe dürften nur noch Genesene und Geimpfte rein. Bild: Anna Maria Jaumann

In die Tübinger Marktschenke geht es derzeit auch noch mit einem PCR-Test. In der Alarmstufe dürften nur noch Genesene und Geimpfte rein. Bild: Anna Maria Jaumann

Im Vergleich zum Sonntag stieg die Zahl der auf den baden-württembergischen Intensivstationen behandelten Corona-Patienten am Montag um 24 auf 347. Die Marke von 390 kommt also immer näher: Wird diese an zwei Werktagen in Folge durchbrochen, gilt ab dem darauffolgenden Werktag in Baden-Württemberg die sogenannte Alarmstufe.

In Tübingen waren nach Angaben des DIVI-Intensivregisters vom Montagabend von 67 Intensivbetten 62 belegt, davon zwölf durch Corona-Patienten (17,91 Prozent). Von diesen mussten neun invasiv beatmet werden. In Reutlingen sind – Stand Montag – von 18 Betten 16 belegt gewesen. Drei davon durch Corona-Infizierte (16,67 Prozent), von denen wiederum zwei beatmet werden mussten. Im Zollernalbkreis betrug die Intensivbetten-Belegung nach jüngstem Stand 19 von 26 (sechs Corona-Patienten, 23,08 Prozent). Keine Intensivbetten mehr frei sind demnach allerdings in den Landkreisen Böblingen, Sigmaringen oder Rottweil.

Die Stadt Tübingen rechnet in einer Pressemitteilung damit, dass die Alarmstufe in der kommenden Woche ausgelöst wird. Und bereitet sich vor: An fünf Stationen in der Innenstadt sollen wieder kostenlose Schnelltests angeboten werden, an denen es auch Zertifikate für alle gibt. So soll vor allem das lukrative Weihnachtsgeschäft für den Einzelhandel gerettet werden. „Noch immer sind 30 Prozent der Baden-Württemberger nicht geimpft. Kostenpflichtige Tests würden also für den Handel den Verlust von fast einem Drittel der Kundschaft bedeuten, denn wer zahlt schon 15 Euro Eintritt für den Weihnachtsbummel?“, lässt sich OB Boris Palmer zitieren.

Am Dienstagmorgen hatte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Sabine Dittmar, bereits mitgeteilt, dass die mögliche künftige Ampelkoalition die 3G-Regel am Arbeitsplatz verpflichtend einführen möchte. Die Details seien jedoch noch offen. Der Bundestag soll den Gesetzesentwurf in der kommenden Woche beschließen.

Doch was ändert sich in der Alarmstufe? Ein Überblick:

Private Treffen & Veranstaltungen: In der Warnstufe darf sich ein Haushalt mit maximal fünf Personen treffen, die nicht geimpft oder genesen sind. In der Alarmstufe ist nur ein Haushalt plus eine weitere Person ohne Immunisierung erlaubt. Auch Personen bis einschließlich 17 Jahren und Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, zählen nicht dazu. Paare, die nicht zusammenleben, gelten außerdem als ein Haushalt.

Gastronomie: In Restaurants, Kneipen oder auch Spielhallen gilt in geschlossenen Räumen in der Alarmstufe 2G. Im Freien ist auch ein negativer PCR-Test noch ausreichend – wie aktuell in der Warnstufe auch noch innen. Viele Gastronomen in Tübingen haben allerdings bereits jetzt auf 2G umgestellt (siehe auch die Infobox am Textende). In Kantinen gilt für externe Personen dasselbe wie in der Gastronomie.

Einzelhandel: Während es im Einzelhandel bislang keine Nachweispflicht gibt, greift in der Alarmstufe das 3G-Modell mit Schnelltest-Pflicht. Es ist dann praktisch eine Kopie des Tübinger Modellprojekts aus dem Frühjahr, kommt für den Handel aber zur Unzeit im Weihnachtsgeschäft, der umsatzstärksten Zeit des Jahres. Die 3G-Regel gilt dann auch für Flohmärkte. Keine Einschränkungen gibt es in der Alarmstufe weiterhin in Geschäften des täglichen Bedarfs – etwa Supermärkten –, aber auch bei Abhol- und Lieferangeboten.

Die Einzelhändler hoffen, dass die Weihnachtszeit nicht trist wird. Archivbild: Ulrich Metz

Die Einzelhändler hoffen, dass die Weihnachtszeit nicht trist wird. Archivbild: Ulrich Metz

Öffentliche Veranstaltungen: In der Oper, im Theater, bei Betriebs- oder Vereinsfeiern gilt in der Alarmstufe die 2G-Regel. In der aktuell gültigen Warnstufe genügt in geschlossenen Räumen ein PCR-Test, im Freien sogar noch ein Schnelltest. Künftig hätten Ungeimpfte und Nicht-Genesene jedoch keinen Zutritt mehr.

Kultureinrichtungen: Hier gilt dasselbe wie bei öffentlichen Veranstaltungen. In Museen, Galerien oder Gedenkstätten geht es nur noch mit einem 2G-Nachweis. Ausnahmen sind Landesbibliotheken und Archive, die auch in der Alarmstufe mit einem negativen PCR-Test noch zugänglich sind.

Beherbergung: In Hotels und Jugendherbergen reicht in der Alarmstufe ein Schnelltest nicht mehr aus. Nicht-immunisierte Personen müssen einen PCR-Test vorlegen – und zwar alle drei Tage aufs Neue.

Messen, Ausstellungen, Kongresse: Ohne jede Ausnahme ist der Zutritt nur noch Geimpften und Genesenen gestattet.

Freizeiteinrichtungen: Im Hallenbad oder in Freizeitparks gilt in der Alarmstufe ausschließlich die 2G-Regel.

Körpernahe Dienstleistungen: Beim Friseurbesuch oder dem Gang ins Kosmetikstudio reicht in der Alarmstufe ein Schnelltest nicht mehr aus. Nicht-Immunisierte müssen dann einen PCR-Test vorlegen.

Verkehr: Der öffentliche Nahverkehr bleibt von neuen Regeln verschont. Dort ist weiterhin die Mitfahrt für alle ohne Nachweis, aber mit medizinischer Maske möglich. Bei Schifffahrten oder Busreisen gilt dann allerdings die 2G-Regel.

Bildung: Der Besuch von Kursen an der Volkshochschule oder der Besuch der Musikschule ist in der Alarmstufe nur noch für Geimpfte und Genesene möglich. Bei der beruflichen Ausbildung oder etwa Fahr- oder Sprachkursen gilt weiterhin 3G – hierbei genügt ein Schnelltest, der jedoch bei mehrtägigen Veranstaltungen alle drei Tage wiederholt werden muss.

Sport: In geschlossenen Räumen, beispielsweise in der Kabine oder der Turnhalle, sieht die Alarmstufe einen Zutritt lediglich für Genesene und Geimpfte vor. Ein Freitesten ist dann nicht mehr möglich. Im Freien genügt kein Schnelltest mehr, es ist ein PCR-Test notwendig. Diese Regeln sind zumindest in der Corona-Verordnung verankert. Allerdings lockerte das Sozialministerium in einer Corona-Verordnung-Sport zuletzt die Maßnahmen leicht (das TAGBLATT berichtete) – unklar ist, ob das in der Alarmstufe auch vorgesehen ist.

Schule: Mit der Alarmstufe tritt gemäß der Corona-Verordnung im Klassenzimmer wieder eine Maskenpflicht in Kraft.

Symbolbild: Cristina Priotto

Symbolbild: Cristina Priotto

Religiöse Veranstaltungen: In diesem Bereich sieht auch die Alarmstufe weiterhin keinerlei Nachweispflicht vor.

Weihnachtsmärkte: Für Verkaufsstände mit Lebensmitteln zum sofortigen Verzehr gilt 2G – Glühwein darf zum Beispiel nur an Geimpfte oder Genesene ausgeschenkt werden. Wer jedoch lediglich Waren und keine offenen Lebensmittel verkauft, muss keinen Nachweis kontrollieren. Allerdings hat sich die Stadt Tübingen noch nicht final geäußert, in welcher Form Weihnachts-, aber auch Schokomarkt in diesem Dezember stattfinden sollen.

Kinder und Jugendliche, die regelmäßig in der Schule gestestet werden, sind von der PCR-Pflicht und den 2G-Beschränkungen ausgenommen. Für spezielle Gruppen (Personen bis 17, die nicht mehr zur Schule gehen; Schwangere und Stillende; Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können) reicht in der Alarmstufe ein negativer Antigen-Schnelltest aus.

Kontrollen in der Gastronomie angekündigt

Das Land kündigt für Donnerstag und Freitag, 11. und 12. November, Schwerpunktkontrollen in der Gastronomie an. Dabei sollen mit Hilfe der Ortspolizeibehörden die derzeit gültigen Corona-Auflagen der Warnstufe überprüft werden. „Wir können die aktuellen Freiheiten nur aufrechterhalten, wenn wir uns alle an die Vorgaben halten“, wird Gesundheitsminister Manfred Lucha in einer Mitteilung zitiert. „Das betrifft vor allem die Nichtgeimpften, die in der aktuellen Warnstufe nur mit PCR-Test in Restaurants dürfen.“

Dass in der Alarmstufe in der Gastronomie dann 2G gelten würde, habe seinen guten Grund, so Lucha, „denn die allermeisten Corona-Patienten auf der Intensivstation sind nicht geimpft. Wir müssen das Gesundheitssystem schützen, denn sonst können wir nicht mehr allen Intensivpatientinnen und -patienten ein Behandlungsbett anbieten.“

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Erstellt:
09.11.2021, 11:21 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 24sec
zuletzt aktualisiert: 09.11.2021, 11:21 Uhr

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