Tierzucht

Der prächtigste Nachwuchs

Welche gefährdeten und populären Kleintierrassen ihre Arche in Pfrondorf finden, zeigte die Jungtierschau des Kleintierzuchtvereins.

20.08.2018

Von Monica Brana

Zahm posierten vor der Puten-Voliere Elke Dehlingers Neuzüchtung, ein Augsburger Hahn, und eine orangefarbene Zwerg-Welsumer-Henne, die Christoph Schmid fest im Griff hatte. Bild: Faden

Zahm posierten vor der Puten-Voliere Elke Dehlingers Neuzüchtung, ein Augsburger Hahn, und eine orangefarbene Zwerg-Welsumer-Henne, die Christoph Schmid fest im Griff hatte. Bild: Faden

Wie unterschiedlich sich Langohren und Federvieh verhalten, zeigte am Wochenende die Jungtierschau des Pfrondorfer Kleintierzuchtvereins. Argwöhnisch liefen Puten und Laufenten ans entfernte Ende ihrer Volieren, sobald sich ihnen ein Mensch näherte. Tiefenentspannt in ihren Käfigen ausgestreckt nahmen hingegen einige Kaninchen die aufgezwungene Aufmerksamkeit hin.

Das Dasein des durchschnittlichen Schautiers sei geprägt von Namenlosigkeit und mehrfachen Auswahlverfahren, erklärte Karl-Martin Lang. Das beginne schon beim Ei. Sowohl beim Kaninchen wie auch beim Geflügel erkenne der Vereinsvorsitzende nach spätestens neun Monaten: „Das Tier wird etwas oder das Tier wird nichts“. Alle sieben Wertungskriterien wie Gewicht, Körperform und Fellbeschaffenheit erfüllte das Alaska-Kaninchen in Käfig Nummer 57. „Sehr gut in allen Positionen“ schnitt es ab, wie ein am Käfig befestigter Zettel informiert. Damit gewann die schwarze Kaninchendame von Halter Hubert Vogg die diesjährige Schau. Der zuständige Preisrichter sei bereits in der vergangenen Woche vor Ort gewesen und habe sich die Tiere angesehen, sagte Lang. Derzeit züchten zehn der 52 Mitglieder selbst.

Aus der Gruppe des Nachwuchs-Federviehs gewann das orangefarbene Zwerg-Welsumer Haushuhn von Christoph Schmid. Der 19-jährige Kusterdinger ist seit 2006 im Verein und spezialisiert auf Geflügel. Es sei ein zeitintensives Hobby, berichtete er, doch sehe man direkt seinen Erfolg. 36 Küken habe er schlüpfen lassen, davon seien nun 15 in der Zuchtanlage. Tiere, die nicht den Standards entsprechen, verkaufen die Züchter, verschenken sie oder genießen sie irgendwann frisch aus dem Kochtopf, berichtete Schmid.

Bei einer Tour über das Gelände zeigte Lang dem TAGBLATT unter anderem die vereinseigenen Brutapparate, die unabdingbar sind für die kontrollierte Aufzucht. Die verschiedenen Züchter brächten die besten Eier ihrer Zuchttiere hierher, eine Person betreue die Brutgeräte, sagte der 52-Jährige. Die Eier kommen in Pappkartons, die einmal täglich gewendet werden. Bis zu zwei Wochen könne ein Ei unbebrütet bleiben. Schafft es ein Ei ins Brütgerät, so verbringt es dort 17 Tage bei 37,8 Grad. Auch dort bewegt eine (robotische) Ersatzhenne den Nachwuchs, mindestens vier Male täglich. Die letzten Tage bis zum Schlupf nach genau 3 Wochen aber müssen die Eier
dann wieder still liegen, erklärte Lang den Brutvorgang. Die Küken verbringen anschließend ihre erste Lebenswoche in einer Aufzuchtkiste, die auf 30 Grad aufgeheizt
wird. Danach bekommen sie einen separaten Bereich in einer Außenvoliere.

„Hühner sind so schlau wie wir“, zollte der Kleintierzüchter dem gackernden Gefieder seinen Respekt. Sie verfügten über ein enormes Lernvermögen. Auch er lerne von den Hühnern: Gingen Hühner bei Regen ins Trockene, so sei der Guss von kurzer Dauer, blieben sie hingegen im Freien, so könne er sich auf eine längere Regenphase gefasst machen, erklärte Lang. Schlau seien auch die Füchse, die tags wie nachts über das Gelände patrouillieren und jede Gelegenheit dazu nutzen, ein Massaker unter den Zuchttieren anzurichten. Aus der Luft drohten Greifvögel, weshalb die Kleintierzüchter ständig sorgsam ihre Volieren reparierten.

Im Schauraum stand Elke Dehlinger vor den ersten Augsburger Hühnern Pfrondorfs und erklärte, weshalb sie mit der Zucht des schwarzen Gefieders begann, dessen Hähne einen doppelten Kamm auf dem Kopf tragen. Die „letzte urschwäbische Rasse“ sei vom Aussterben bedroht und beim Stöbern in einem Buch habe sie beschlossen, zum Erhalt der Rassenvielfalt beizutragen, sagte Dehlinger.

Eine Diskussion ohne eindeutiges Ergebnis entbrannte unter den Züchtern, nachdem Lang seine auf jahrelanger Erfahrung beruhende Faustregel zur Ohrscheiben-Ei-Relation kundtat. Hühner mit weißen Ohrscheiben legten weiße Eier und Hühner mit roten Ohrscheiben am Kopf hätten braune Eier. Ihre Hühner legten aber champagnerfarbene Eier, widersprach da eine Züchterin. Manche Tiere legten auch bunte oder gepunktete Eier, legte Schmid nach.

Am Sonntag ehrten die Kleintierzüchter für 50 Jahre Mitgliedschaft Anton Hellstein, Walter Mayer und Herbert Single. Eine Ehrung für „langjährige Mitgliedschaft“ erhielt zudem Jochen Schramm. Auch er sei jahrzehntelang stets mit Rat und Tat zur Stelle gewesen, wenn man ihn brauchte, sagte Lang dem TAGBLATT.

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Erstellt:
20.08.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
zuletzt aktualisiert: 20.08.2018, 01:00 Uhr

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