Mit der Kraft eines Ochsen

Der Tübinger Elias Kun startet bei den deutschen Juniorenmeisterschaften in zwei Bootsgattungen

Basketballspielen war Elias Kun einst nicht genug. Vor dem Fernseher hatte es ihm das Rudern angetan. Mittlerweile ist der 15-Jährige vom Tübinger Ruderverein Fidelia im Landeskader – und startet jetzt in zwei Bootsgattungen bei den deutschen Juniorenmeisterschaften in Hamburg.

24.06.2016

Von Tobias Zug

Zupackend: Elias Kun, links im Landeskader-Achter (Fünfter von oben), rechts beim Boots-Transport.Privatbilder

Zupackend: Elias Kun, links im Landeskader-Achter (Fünfter von oben), rechts beim Boots-Transport.Privatbilder

Tübingen. Eine dicke Hornhaut, Schwielen und Blasen prägen die Innenflächen seiner großen Hände. Da passt tatsächlich mal der Karneval-Schunkler: „Das kommt vom Rudern…“ Elias Kun könnte auch mit Handschuhen rudern. Der Zartheit seiner Hände würde es nicht schaden. Macht er aber nicht: „Ach was“, sagt der 15-Jährige abwinkend, „da verlierst du das Gefühl.“ Seit vier Jahren rudert der Tübinger. Seit den Olympischen Spielen 2012 in London. Die hat Elias Kun vor dem Fernseher verfolgt. Und war fasziniert von den deutschen Ruderern wie dem Männer-Achter, der die Goldmedaille holte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Kun nach einer zweiten Sportart umgeschaut, die er ausüben wollte. Basketball hatte er bis dahin gespielt in Tübingen, „aber im Verein hat’s mir nicht so gefallen“. Dafür hatte es ihm der Rudersport angetan, dieses Zupacken eines Ruders, um damit ein Boot auf dem Wasser in Bewegung zu setzen. Beim Herbstsprint des unweit von seinem Zuhause gelegenen Tübinger Rudervereins schaute Kun mal vorbei – und trat in den Verein ein.

Mittlerweile hat er es in den Kader des Landesruderverbandes geschafft. Bei den deutschen Junioren-Meisterschaften jetzt in Hamburg fährt Kun mit der Auswahl im Vierer ohne Steuermann und im Achter der U 17-Junioren. Vor einem Jahr wurde Kun baden-württembergischer Meister in diesen beiden Bootsgattungen mit den Vereinsteams des Tübinger RV. „Er ist ein Riesenochse“, sagt sein Trainer Stephan Gutbrod und bezieht sich dabei auf Kuns Kraftpotenzial. Gutbrod: „Auf dem Ergometer zählt er zu den Stärksten im süddeutschen Bereich. Er hat sich körperlich sehr gut entwickelt.“

Kun investiert auch viel Zeit für seinen Sport. Fast jeden Tag ist er beim Bootshaus am Neckar und trainiert dort. Mal auf dem Wasser, mal im Kraftraum. In den Ferien fährt er mit dem Fernbus an den Wochenenden nach Breisach, um am Stützpunkt des Landeskaders zu trainieren. In Tübingen sind die Bedingungen bei weitem nicht so gut. Gutbrod: „Ich sag’ mal, das ist hier so das Unterste, was man noch Leistungssport nennen kann.“ Kun: „Es fehlt an neuem Bootsmaterial.“ Der Tübinger Ruderverein ist im Vergleich beispielsweise zu den renommierten Klubs rund um den Bodensee eine kleine Hausnummer. Und bei Kosten wie etwa 35 000 Euro für ein Achterboot oder zwischen 17 000 und 20 000 für einen Zweier, müssen schon einige Sponsoren an Land gezogen werden, um sich das aufs Neue leisten zu können.

Zudem hat der Verein keinen bezahlten Trainer. Die Übungsleiter wie Jochen Heusel oder Gutbrod trainieren die Ruderer nach ihrer Arbeitszeit. „Das ist eben alles limitiert“, sagt Gutbrod, „aber beim Rudern musst du normal jeden Tag was tun.“ Und das Wetter sollte für das Wassertraining auch noch mitspielen – was es dieses Jahr nicht unbedingt tat: „Wir hatten ja nahezu immer Hochwasser“, sagt Gutbrod. Wenn’s zu schön – sprich: Sonnenschein – ist, ist’s aber auch nix: Dann packen wie im vergangenen Jahr Badegäste aus der anliegenden „Alte Weberei“-Siedlung ihre Schlauchboote aus und schippern trotz Warntafeln manchmal sorglos auf den Trainingsbahnen oder schwimmen so umher. „Die Bedingungen für uns werden immer kritischer“, sagt Gutbrod. Umso mehr ist der Verein stolz, wieder ein Talent wie Kun zu fördern und gefördert zu haben. Einer, „der es zur Junioren-Weltmeisterschaft schaffen kann“, wie Gutbrod sagt.

Der Tübinger Elias Kun startet bei den deutschen Juniorenmeisterschaften in zwei Bootsgattungen

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Erstellt:
24.06.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 24.06.2016, 01:00 Uhr

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