Fußball

„Der SC Freiburg setzt Maßstäbe“

Der VfB Stuttgart empfängt am Samstag die Badener zum Landesderby. Die Sportdirektoren Sven Mislintat und Jochen Saier über Ziele und Erwartungen ihrer Klubs sowie des Rivalen.

27.08.2021

Von DIRK PREISS, GREGOR PREISS UNDMARCO SELIGER

Freiburgs Sportdirektor Jochen Saier. Foto: Patrick Seeger/dpa

Freiburgs Sportdirektor Jochen Saier. Foto: Patrick Seeger/dpa

Stuttgart/Freiburg. Vor dem Duell zwischen dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg treffen sich die Sportdirektoren Sven Mislintat und Jochen Saier zum Interview-Doppelgipfel per Video-Liveschalte. Sven Mislintat bricht das Eis. „Eigentlich habe ich ja die Frisur der Freiburger“, sagt der VfB-Sportdirektor, was Kollege Jochen Saier, der aus seinem Büro in der Studentenstadt Freiburg grüßt, so bestätigt: „Stimmt, du würdest gut hierher passen.“ Der erste Doppelpass ist gespielt – weitere folgen im Gespräch vor dem Bundesliga-Landesduell an diesem Samstag in Stuttgart (15.30 Uhr/Sky).

Herr Mislintat, Herr Saier, es gab vor nicht allzu langer Zeit eine Konstellation, in der zwei Führungsfiguren des VfB und des SC eine große Gemeinsamkeit hatten: Bernd Wahler, damals VfB-Präsident, stammt aus einer Winzerfamilie, Fritz Keller, damals SC-Präsident, ist selbst Winzer. Was verbindet Sie beide?

Sven Mislintat: Ich würde sagen, dass wir ein freundschaftliches Verhältnis haben. Für mich hat diese Verbindung nach Freiburg ihren Ursprung bei Patrick Baier, der in Freiburg schon lange Co-Trainer ist und den ich schon in meiner frühen Zeit als Analyst in der Bundesliga menschlich wie fachlich kennen- und sehr schätzen gelernt habe. Es gab aber auch einen kulinarischen Höhepunkt.

Erzählen Sie!

Mislintat: Als ich beim FC Arsenal aufgehört hatte, war ich für drei Tage in Freiburg eingeladen. So waren wir unter anderem im Weingut von Fritz Keller essen und auch trinken (lacht). Das war ein cooler Abend, wir haben natürlich viel gefachsimpelt, aber auch über unsere Leben und Lebenswege gesprochen. Es mag komisch klingen in unserem Geschäft und bei der Konstellation Freiburg-Stuttgart – aber: Auf geschäftlicher Ebene sind wir uns freundschaftlich verbunden. Und würden wir näher beieinander wohnen, könnte da noch mehr entstehen.

Jochen Saier: Ja, das war eine totale Freude, das waren tolle Tage, mit einem interessanten fachlichen Austausch. Wir haben Svens durchaus außergewöhnlichen Weg bis dahin ja verfolgt. Wir ahnten schon, dass es mit Sven und dem VfB gut passen kann und das dann für uns als Konkurrent im Land auf Strecke kein Vorteil ist (lacht).

Waren Sie sich bei Ihren Fachsimpeleien einig über die großen Fragen im Fußball, also über Philosophien und Herangehensweisen?

Saier: Ja, das würde ich sagen. Wir haben einen ähnlichen Blick auf die Dinge, auf die Grundausrichtung und das Miteinander, über die Art der Zusammenarbeit innerhalb eines Klubs. Viele der Dinge, die uns beim SC Freiburg über Jahre geprägt haben, erkenne ich beim VfB Stuttgart wieder.

Mislintat: Die Ausrichtung in Freiburg ist für mich, nicht nur, was die Verweildauer des Trainers angeht, ein absolutes Vorbild. Der SC setzt Maßstäbe, was klare Prinzipien, eine klare Philosophie, Werte und Kontinuität angeht.

Wer von Ihnen beiden hat den Standortvorteil?

Saier: Wir gehen mit unserem Weg, mit der Entwicklung der kleinen Schritte, in die richtige Richtung. Und da wollen wir weitergehen, auch mit unserem neuen Stadion (in dem der SC im Oktober zum ersten Mal spielt, Anm. d. Red.) . Das ist für uns ein Meilenstein und eine große Chance. Aber keine Chance ohne ein gewisses Risiko.

Inwiefern?

Saier: Das neue Stadion muss für die Menschen Heimat werden – so, wie es unser jetziges ist. Das ist, gerade in Pandemiezeiten, nicht ganz einfach. Daran müssen wir arbeiten, das wird eine Herausforderung. Wir müssen es gut machen.

Und wie denken Sie, Herr Saier, über den Standort Stuttgart?

Saier: Die wirtschaftlichen Voraussetzungen mit dem potenten Speckgürtel rund um die Stadt sind toll – aber man muss die PS auch auf die Straße kriegen. Das Umfeld, die große Tradition und die große Erwartungshaltung, das alles ist sicher nicht immer einfach. Aber da kann jetzt richtig was Tolles entstehen, der VfB kann regelrecht explodieren.

Fischen Sie beide bei möglichen Neuverpflichtungen eigentlich im selben Teich, kommen Sie sich da öfters mal in die Quere?

Saier: Schon, wir als SC Freiburg haben jedoch die kleinere Angel (Sven Mislintat stöhnt und lacht). Allerdings haben wir auch den schmackhafteren Köder (beide lachen). Nein, im Ernst: Bei der Ausrichtung des VfB und Sven, junge Toptalente holen zu wollen, da begegnet man sich auf jeden Fall. Am Ende zählen dann eben immer das jeweilige Gesamtpaket und die Argumente. Ich denke aber, dass wir beide, was die vergangenen beiden Jahre angeht, sehr zufrieden sind mit dem, was wir gemacht haben.

Mislintat: Definitiv!

Blicken wir zum Abschluss auf das Bundesligaduell am Samstag. Begegnet man sich inzwischen sportlich und wirtschaftlich auf Augenhöhe, nachdem der VfB früher traditionell größer war?

Saier: Stuttgart hat noch immer mehr Wucht und Finanzkraft, auch wenn wir sportlich in den vergangenen Jahren auf Augenhöhe waren. Es sind aus finanzieller Sicht aktuell aber nicht mehr ganz so große Unterschiede aufgrund unserer Entwicklungen in den letzten Jahren, die Schere zwischen uns ist eher ein bisschen zusammen gegangen.

Mislintat: Ich würde es ein bisschen differenzierter beschreiben wollen. Wenn wir hier beim VfB einen Zuschauerschnitt von 60 000 oder 55 000 haben, dann sind wir im Budget leicht vor dem SC Freiburg. Wenn du, wie jetzt zu Pandemiezeiten, aber hauptsächlich vom TV-Geld lebst, dann ist der SC im Ranking aufgrund der vergangenen fünf, sechs Jahre vorne. Lasst es uns so zusammenfassen: Wir begegnen uns auf Augenhöhe, und das ist für uns ein Erfolg als Aufsteiger von 2020. Dirk Preiß, Gregor Preiß und Marco Seliger.

Sven Mislintat, Sportdirektor des VfB. Foto: Pressefoto Rudel/Robin Rudel via www.imago-images.de

Sven Mislintat, Sportdirektor des VfB. Foto: Pressefoto Rudel/Robin Rudel via www.imago-images.de

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Erstellt:
27.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 46sec
zuletzt aktualisiert: 27.08.2021, 06:00 Uhr

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