Ein Punkt, den Mario Gomez nicht will

Der Fußballstar, der Blitzer und die Amtsrichter

Es war vielleicht die kürzeste Verhandlung, die jemals vor dem Reutlinger Amtsgericht über die Bühne ging. Pünktlich um 12 Uhr erschien Amtsrichter Eberhard Hausch im gut besuchten großen Saal und warf einen fragenden Blick zur Anklagebank, auf der eigentlich Mario Gomez sitzen sollte.

08.05.2019

Von Uschi Kurz

Walddorfhäslach, Blitzer Bullenbank. Bild: Horst Haas

Walddorfhäslach, Blitzer Bullenbank. Bild: Horst Haas

„Er kann nicht kommen, weil er gerade beim VfB Stuttgart unabkömmlich ist“, enttäuschte Verteidiger Achim Bächle sowohl die Erwartung der Zaungäste als auch die des Amtsrichters, der daraufhin kurzen Prozess machte: Er verwarf den Einspruch des Fußballstars gegen den Bußgeldbescheid. Ein Betroffener, so Hausch, müsse grundsätzlich zur Hauptverhandlung erscheinen: „Wir brauchen ihn als Beweismittel.“ Ende der Vorstellung, die gerade mal vier Minuten dauerte.

Was war passiert? Angeblich soll der Fußballer im September, wie so viele Autofahrer vor und nach ihm, nahe Walddorfhäslach bei der Bullenbank in die Radarfalle gerauscht sein. 14 Stundenkilometer zu schnell soll er unterwegs gewesen sein – und was verschärfend hinzukam: Er soll währenddessen mit dem Handy telefoniert haben. Der Fußballstar tat, was viele Bullenbank-Sünder vor ihm machten: Er legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Mit der Begründung, er sei gar nicht selbst gefahren.

War das der Grund, weshalb Hausch ihn am Dienstag gerne persönlich gesehen hätte? Wenn der Stürmer eingeräumt hätte, in der fraglichen Situation selbst gefahren zu sein, hätte man ihn vom persönlichen Erscheinen entbinden können. Verkehrssünder sind auf „Blitzerfotos“ oft mehr oder weniger deutlich zu erkennen. Aber einen Mario Gomez dürfte selbst ein nicht fußballaffiner Richter identifizieren können.

„Ich kenne Mario Gomez“, meinte Rechtsanwalt Bächle, „der Mann auf dem Bild ist es jedenfalls nicht.“ Auch betonte er, dass es keinesfalls um die Geschwindigkeitsbeschränkung ging, die sei unerheblich (Punkte gibt es erst, wenn man 21 Kilometer zu schnell fährt). Sondern weil der Fahrer angeblich mit dem Handy telefoniert habe. Und dieses Vergehen wird mit einem Punkt geahndet.

Es war wohl der erste Punkt, bei dem der Fußballer die Annahme verweigern wollte. Ob er bereits – im Gegensatz zu seinem Verein – so viele Punkte auf dem Konto hat, dass er auf einen gerne verzichten kann, mochte sein Anwalt nicht sagen. Er äußerte aber Unverständnis darüber, dass man beim Amtsgericht Reutlingen nicht der Bitte von Gomez nachgekommen sei, den Termin, wie beantragt, um zwei Wochen zu verschieben. Dann wäre die Bundesliga vorbei: „Aber so sind sie halt, die Amtsrichter.“

Er werde jetzt das weitere Vorgehen mit seinem Mandanten besprechen und eventuell Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. In diesem Fall wäre das die Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dann könnte es zu einem späteren Zeitpunkt doch noch zu einem Stelldichein mit Mario Gomez kommen. Schön wäre es, wenn er dem Richter dann einen Videobeweis vorlegen könnte. Aber der hat ja beim VfB bereits am Wochenende beim (Hand-)Spiel in Berlin versagt.

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Erstellt:
08.05.2019, 22:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 20sec
zuletzt aktualisiert: 08.05.2019, 22:00 Uhr

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