Reutlingen

Breuninger-Filiale in Reutlingen schließt zum Jahresende

Überraschende Mitteilung: Das Stuttgarter Modeunternehmen schließt seine Filiale in der Wilhelmstraße Ende dieses Jahres.

06.03.2024

Von Thomas de Marco

Bild: Mathias Huckert

Bild: Mathias Huckert

Die Nachricht hat gestern selbst die Reutlinger Händlervereinigung RT-aktiv überrascht: Das Stuttgarter Modeunternehmen Breuninger kündigte am Mittwoch in einer Mitteilung an, sein Haus in Reutlingen zum Ende dieses Jahres schließen zu wollen. „Stetig rückläufige Besucherzahlen und damit verbundene Umsatzrückgänge zwangen das Unternehmen zu der Entscheidung, diesen Standort nach über 25 Jahren nicht mehr weiterzuführen“, heißt es im Schreiben aus der Stuttgarter Zentrale. „Ich bin wie vom Donner gerührt“, sagte der Vorsitzende RT-aktiv Christian Wittel, als er auf TAGBLATT-Nachfrage am Telefon von dieser Entwicklung erfahren hat.

Trotz intensiver Bemühungen habe der negative Trend der letzten Jahre, bedingt durch die abnehmende Attraktivität der Innenstadt und des starken Wettbewerbs in der Region, nicht umgekehrt werden können, erklärt Breuninger. Das Unternehmen sei sich seiner Verantwortung bewusst und unterbreite allen Mitarbeitenden in Reutlingen die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung in anderen Breuninger Häusern.

Erste Gespräche mit Betriebsrat

„Eine solche Entscheidung fällt nie leicht. Wir wissen um den großen Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie haben sich mit Herz und Hand gegen den Trend gestemmt. Wir hoffen, dass möglichst viele die Möglichkeit eines Standortwechsels annehmen“, betont Breuninger-Chef Holger Blecker.

Mit dem Betriebsrat habe die Geschäftsleitung bereits Gespräche aufgenommen. Ziel sei es, für Beschäftigte, für die ein Standortwechsel aus persönlichen Gründen nicht infrage komme, die Trennung fair und so sozialverträglich wie möglich zu gestalten.

Für die Immobilie in der Reutlinger Wilhelmstraße, die Breuninger gehört, prüfe das Management derzeit verschiedene Optionen einer anderen, möglicherweise auch gemischten Nutzung. Dabei ist von einer Büro- und Handelsimmobilie die Rede. Ebenso sei eine Teilnutzung für Freizeit- oder Gastronomieangebote möglich, heißt es in der Mitteilung aus der Stuttgarter Zentrale.

„Das stationäre Geschäft und das inspirierende und vielfältige Einkaufserlebnis“ bleibe weiterhin einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren für Breuninger. „Es ist wichtig zu erkennen, dass der Erfolg im Einzelhandel immer mit den lokalen Gegebenheiten verbunden ist. Reutlingen ist ein Einzelfall. Wir sind hundertprozentig vom stationären Geschäft überzeugt und treiben gleichzeitig die digitale Transformation von Breuninger voran“, betont Blecker.

Das Unternehmen priorisiere deshalb seine Aktivitäten dort, wo nachhaltiges Wachstum möglich sei. Mit dem Markteintritt in München vor einem Jahr und der Eröffnung von Breuninger in Hamburg kommenden Monat demonstriere das Modeunternehmen die Bedeutung und das Potenzial des stationären Geschäfts. „Wir wissen um das Potenzial im Umfeld unserer Standorte und investieren in erfolgreiche Konzepte im stationären Handel“, sagt Blecker. Da verfolge Breuninger eine klare Strategie.

Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck erfuhr ebenfalls erst am Mittwochmorgen vom Reutlinger Breuninger-Geschäftsführer Edgar Lehmann von der Schließung. „Zweifellos ist dies ein schwerer Schlag für die Innenstadt, der Auswirkungen auf den verbleibenden Handel und das Stadtbild haben wird. Diese Nachricht wirft viele Fragen auf, die zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer zu beantworten sind.“

Zunächst einmal seien die Gedanken bei den 128 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von der Schließung unmittelbar betroffen sind. „Als Frequenzbringer und Aushängeschild der Innenstadt wird das Modehaus Breuninger eine bedauerliche Lücke hinterlassen. Auch das jahrelange herausragende Engagement von Geschäftsführer Edgar Lehmann bei der Interessengemeinschaft der Reutlinger Einzelhändler wird uns fehlen.“

OB Keck: „neue Hiobsbotschaft“

Nicht nur in Reutlingen habe der Handel mit veränderten Gegebenheiten zu kämpfen: „Immer mehr Online-Angebote verändern das Kaufverhalten der Menschen.“ Hier in der Region komme mit der zunehmenden Konkurrenz noch ein weiterer Faktor hinzu, erklärt der Reutlinger OB. „Der Wandel unserer Innenstädte bleibt dabei nicht aus. Wir müssen darauf reagieren und sie von reinen Einkaufsmeilen weiterentwickeln hin zu multifunktionalen Zentren für Wohnen, Leben und Arbeit, aber auch für Freizeit, Entspannung und Genuss.“ Die Stadt werde größte Anstrengungen unternehmen, diese neuerliche Hiobsbotschaft der Schließung eines namhaften Händlers zu kompensieren.

Die unternehmerische Entscheidung von Breuninger sei zu respektieren, sagt Wolfgang Epp, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK). „Die Firma Breuninger und alle Beschäftigten haben mit ihrem Einsatz über viele Jahre dafür gesorgt, dass Reutlingen eine attraktive und wichtige Handelsadresse ist“, sagt Epp weiter. Insgesamt gestalte sich das Marktumfeld für stationären innerstädtischen Einzelhandel jedoch immer schwieriger. „Die Pandemie hat den Trend zum Online-Einkauf noch einmal verstärkt.“

Die IHK werde sich mit dem Unternehmen in die nun anstehende Diskussion um eine Neunutzung der Breuninger-Immobilie einbringen. „Die Lage an der Wilhelmstraße ist nach wie vor 1a und bietet sicher Chancen für eine gemischte Nutzung durch Handel und Gastronomie“, hofft Epp. „Auch wenn die Schließung von Breuninger heute ein Schock ist, können wir ab morgen dafür sorgen, dass wir mit Ideen und Investitionen neue Chancen entwickeln.“

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Erstellt:
06.03.2024, 12:42 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 19sec
zuletzt aktualisiert: 06.03.2024, 12:42 Uhr

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