Landkreis Reutlingen
Streaming-Betrug: Sieben Festnahmen, Schaden im hohen sechsstelligen Bereich
Die Polizei verhaftete sieben Verdächtige, die Pay-TV-Anbieter um eine hohe sechsstellige Summe betrogen haben sollen.
Angefangen hatte alles mit der Anzeige eines Pay-TV-Anbieters im Sommer 2022. Das Unternehmen hatte im Internet Hinweise darauf gefunden, dass jemand ihre kostenpflichtigen Angebote illegal zu einem günstigeren Preis verkaufte. Über die IP-Adresse fanden sie den Standort des Servers, über den die Inhalte vertrieben wurden, und meldeten sich bei der Cybercrime-Abteilung der Kriminalpolizei in Esslingen. Die begann, wie Polizeipräsidium Reutlingen und die Staatsanwaltschaft Tübingen am Mittwoch mitteilten, mit „langwierigen, größtenteils verdeckten“ Ermittlungen. Sie führten die die Beamten in den Kreis Reutlingen. Dort wohnt der Großteil der elf Beschuldigten, die seit mindestens eineinhalb Jahren ein Netzwerk aus illegalen Pay-TV-Zugriffen betrieben und damit verschiedene Unternehmen um Abonnementgebühren gebracht haben sollen. Die Polizei schätzt, dass der so entstandene Schaden „mindestens im hohen sechsstelligen Bereich“ liegt.
Drei Männer werden beschuldigt, Inhalte verschiedener Pay-TV-Sender entschlüsselt und dann an Komplizen weitergeleitet zu haben. Die sollen die Inhalte dann wiederum einer breiteren Masse zur Verfügung gestellt haben. In welcher Form und wie genau das geschah, will die Polizei derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen nicht herausgeben. Die Beschuldigten bauten dazu ein eigenes Server-Netzwerk auf. Vermutlich wurden verschiedene Inhalte, von Serien bis zu Sport, illegal verbreitet. Die Polizei geht davon aus, dass bundesweit und im Ausland viele Kunden die Dienste der Beschuldigten in Anspruch nahmen. Den Schwerpunkt vermuten die Ermittler in Baden-Württemberg.
Neben den beiden mutmaßlichen Drahtziehern, einem 54-jährigen Pfullinger und einem 56-jährigen Reutlinger, wurden am Dienstagmorgen fünf weitere Männer wegen Verdachts auf gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Computerbetrug verhaftet. Bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmten die Beamten PCs, Notebooks, Server, Datenträger, Handys und auch eine illegale Pistole. Mit der Zerschlagung des Netzwerks beendete die Polizei auch die illegalen Pay-TV-Zugriffe der Konsumenten.
Sieben Beschuldigte wurden bereits den Haftrichtern vorgeführt, fünf von ihnen befinden sich in Untersuchungshaft, zwei Haftbefehle wurden gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Polizei leitete Finanzermittlungen ein. Um die illegalen Gewinne abzuschöpfen, wurden bereits hochwertige Autos und ein Motorrad beschlagnahmt. Die genaue Gewinnhöhe ist laut Polizei noch nicht bekannt.
An den unter Federführung der Kriminalpolizeidirektion Esslingen durchgeführten Einsatzmaßnahmen waren insgesamt rund 150 Beamtinnen und Beamte aus verschiedenen Polizeipräsidien beteiligt.
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