Verkehr
An der Tarifeinheit wollen nur wenige drehen
Diesen Freitag endet der Bahnstreik. Ein Auslöser dafür ist das Tarifeinheitsgesetz – und der Kampf um die Vormacht im Konzern. Die Arbeitgeber halten dennoch am Gesetz fest.
Berlin. Nach 48 Stunden Streik der Lokführergewerkschaft GDL fahren am Freitag die Züge wieder. Am Mittag will sich GDL-Chef Claus Weselsky äußern, wie es weitergeht. Neue Streiks sind wahrscheinlich, da sich keine Annäherung mit der Deutschen Bahn abzeichnet. Daher gewinnt die Debatte an Fahrt, ob das Tarifeinheitsgesetz gescheitert ist. Von den Regeln, die seit 2015 gelten, hatten sich viele erhofft, dass sie Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden Gewerkschaften in einem Betrieb und damit Streiks verhindern.
Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter trägt die Bundesregierung „eine erhebliche Mitverantwortung an dem Streik“. Union und SPD hätten behauptet, dass das Tarifeinheitsgesetz dem Betriebsfrieden bei der Bahn diene. „Doch das Gegenteil ist der Fall. Über das Tarifeinheitsgesetz sind die Auseinandersetzungen zwischen der GDL und der konkurrierenden Eisenbahnergewerkschaft EVG massiv angeheizt worden“, sagte Hofreiter dieser Zeitung. Das Gesetz müsse rasch aufgehoben werden.
Darauf wollte sich Enak Ferlemann (CDU), der als Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium für die Schiene zuständig ist, nicht festlegen. Er sieht keine Möglichkeit, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode aufzuheben. Das könne frühestens in der nächsten Legislaturperiode geschehen. „Können wir so lange einen Bahnstreik haben? Nein“, sagte Ferlemann am Donnerstag. Für GDL und EVG müsse ein Modus der Koexistenz gefunden werden. Er forderte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler und GDL-Chef Claus Weselsky auf, sich an einen Tisch zu setzen.
Das für das Gesetz zuständige Bundesarbeitsministerium sieht keinen Reformbedarf. Es sei nicht gedacht, um Streiks zu verhindern, sondern um Anreize für die Kooperation konkurrierender Gewerkschaften schaffen. In vielen Bereichen geschehe das. „Dies liegt in der Regel auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der Gewerkschaften, denn eine Spaltung der Arbeitnehmerschaft hilft ihnen mittel- und langfristig nicht.“
Auch die Arbeitgeber sind gegen Änderungen. „Die Tarifeinheit wirkt. Finger weg von dem Gesetz“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, Steffen Kampeter. Die „Zersplitterung und Zerfaserung der Tarifautonomie“ sei zum Stillstand gekommen. „Tarifeinheit ist kein Allheilmittel für Fehlentwicklungen des deutschen Arbeitsrechts.“ Er forderte einen gesetzlichen Rahmen für Arbeitskämpfe mit Ankündigungsfristen für Streiks und Vorgaben zur Schlichtung. Da hat FDP-Fraktionsvize Michael Theurer konkrete Vorstellungen: „Ich habe bei Streiks, welche die öffentliche Daseinsvorsorge betreffen, für eine längere Ankündigungsfrist von vier Tagen und einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Streikrecht geworben.“