Getränke

Ab Januar wird die Pfandpflicht ausgeweitet

Ab Januar wird die Pfandpflicht deutlich ausgeweitet, das gilt auch für Dosen und Fruchtsäfte. Müssen Verbraucher bald auch für Tetra-Packs bezahlen?

28.05.2021

Von CAROLINE STRANG

Plastikflaschen und Dosen sollen bald nicht mehr im Müll landen sondern im Pfandautomaten. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Plastikflaschen und Dosen sollen bald nicht mehr im Müll landen sondern im Pfandautomaten. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Ulm. Künftig werden die Schlangen vor dem Pfandautomaten in Supermärkten und Discountern länger, denn die meisten Kunden werden mehr Flaschen einwerfen. Ab Januar kommenden Jahres wird die Pfandpflicht ausgeweitet. Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff werden laut Beschluss des Kabinetts grundsätzlich pfandpflichtig, Getränkedosen ebenfalls.

Bisher sorgen die Ausnahmen oft für Verwirrung. Während auf Kunststoffflaschen mit Mineralwasser, Cola oder Bier 25 Cent Pfand fällig sind, sind Getränke wie Milch, Wein, Spirituosen, Frucht- und Gemüsesäfte oder Nischenprodukte wie Energydrinks pfandfrei. Fruchtsäfte mit Kohlensäure allerdings kosten doch wieder Pfand.

„Auch deshalb finden wir die Änderung des Verpackungsgesetzes total super“, sagt Philip Heldt, Umweltexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn immer wieder komme es zu Missverständnissen und Ärger in Geschäften, wenn Kunden irrtümlich Pfand einforderten. „Die Ausnahmen haben auch ökologisch keinen Sinn gemacht“, sagt Heldt. Für die Umwelt sei der Beschluss gut, denn häufig landeten derzeit die Dosen ohne Pfand im Straßengraben.

Der Grund der Neuregelung ist klar: Die Recyclingquote soll gesteigert werden. Das Umweltministerium erklärt dazu: „Die Pfandpflicht verhindert, dass Einweg-Getränkeverpackungen in der Umwelt enden.“ Außerdem garantiere das Pfandsystem eine sortenreine Sammlung, welche wiederum eine wichtige Voraussetzung für ein hochwertiges Recycling ist. Die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung schätzt die Rücklaufquote bei Einwegflaschen aus Kunststoff auf über 96 Prozent.

Wie reagiert der Handel auf den Beschluss, der für ihn mehr Aufwand bedeutet, weil mehr Flaschen zurück genommen werden müssen? „Die Ausweitung der Pfandpflicht auf Kunststoffflaschen mit Saft birgt noch einige Risiken, insgesamt begrüßen wir aber, dass das Pfandsystem für den Kunden einfacher wird und Saft in Zukunft bepfandet wird“, sagt Benjamin Peter, Experte für Umweltpolitik beim Handelsverband Deutschland (HDE).

Die Bedenken: Heute haben Saftflaschen aus Kunststoff teilweise noch Barriereschichten, die für eine längere Haltbarkeit des Inhalts sorgen sollen. „Diese Barriereschichten erschweren momentan noch das Recycling beziehungsweise verschlechtern die Qualität des gewonnen Rezyklats aus diesen Flaschen“, sagt Peter. Er gehe aber davon aus, dass durch technische Weiterentwicklung diese Barriereschichten in Zukunft nicht mehr notwendig sein werden.

Der Beschluss geht aber noch weiter. So sollen ab 2024 auch Milch-Flaschen aus Kunststoff ins Pfandsystem integriert werden. Das wiederum lehnt der HDE ab. „Bei diesen Getränken drohen in den Rücknahmeautomaten im Handel Fäulnis- und Gärungsprozesse, welche hygienisch bedenkliche Folgen haben können.“ Auch sei dadurch eine erhebliche Geruchsbelästigung in den Märkten zu befürchten.

Der Deutschen Umwelthilfe (DUH) geht der Beschluss indes nicht weit genug. Sie begrüßt zwar die Ausweitung. Aber: Trotz aller Vorteile der Einwegpfandpflicht werde diese so nicht ausreichen, um eine Trendumkehr von den derzeit marktdominanten Einwegverpackungen zur gesetzlich festgelegten Mehrwegquote für Getränkeflaschen von 70 Prozent herbeizuführen. Die DUH fordert auch für Getränkekartons eine Pfandpflicht. „Es ist völlig unverständlich, warum Plastikflaschen mit Milch erst ab 2024 und Getränkekartons überhaupt nicht bepfandet werden sollen“, sagt Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der DUH.

Das Bundesumweltministerium verweist bei Tetra-Packs auf das bestehende System. „Getränkekartons werden wie andere Verpackung auch über den gelben Sack beziehungsweise die gelbe Tonne gesammelt. Nur wenige Wertstoffe landen im Restmüll – etwa vier Prozent laut einer Analyse vom Juli 2020.“ Eine Pfandpflicht würde dieses System nicht wesentlich verbessern. Das sieht auch Verbraucherschützer Heldt so: „Bei Getränkekartons funktionieren Entsorgung und Recycling gut, sie tragen meines Wissen nicht wesentlich zur Vermüllung bei wie zum Beispiel Dosen.“

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Erstellt:
28.05.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 28.05.2021, 06:00 Uhr

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