Schweizer Helden

Schweizer Helden

Tragikomödie um eine einsame Frau, die zusammen mit Flüchtlingen Schillers "Wilhelm Tell" einstudiert.

10.11.2014

Von Dorothee Hermann

Schweizer Helden

Sabine ist eine Frau in einer unsicheren Situation. Alle verabschieden sich von ihr: Mann und Tochter sind schon weg. Die tussigen Freundinnen wollen diesmal Weihnachten ohne sie verbringen.

Von Anfang an spielt Regisseur Peter Luisi sein Nebenmotiv an, wie auch in gediegenen Schweizer Kreisen jeder nur auf eine Gelegenheit wartet, Schwächere herunterzumachen. Eine Frau wie Sabine, die eingeübt hat, immer zugunsten von anderen zurückzustecken, hat da ganz schlechte Karten.

Als sie zufällig erfährt, dass in der nahen Unterkunft für Asylsuchende ein Beschäftigungstherapeut ausgefallen ist, springt sie in die Bresche. Sie will eine Theatergruppe aufziehen. Mit ihrem Psychodrama-Ansatz können die Bewohner gar nichts anfangen, sind aber überraschend fasziniert vom Urschweizer Freiheitshelden Wilhelm Tell.

Zu dieser Geschichte fällt jedem von ihnen sofort etwas ein, und so können die heftig improvisierten Proben beginnen. Der Staatsapparat läuft selbstverständlich auch in der Weihnachtszeit heiß und produziert Abschiebe-Bescheide am laufenden Band.

Die erhabene Schweizer Bergwelt zur kuscheligsten Jahreszeit ist ein starker Kontrast zu den knallharten Lebensgeschichten und der nach Zwangsinstitution riechenden Unterkunft. Sabine wirkt auch ein bisschen naiv, wenn sie mit großen Augen vom nächsten staatlichen Schlag erfährt. Da will der Filmemacher den Schweizer Jedermann ein bisschen zu didaktisch vorführen. Der mit wenig Geld realisierte Film ist wohl eher als TV-Produktion angelegt. Doch trotz der Fernsehspielästhetik wachsen einem die Figuren mit ihren Verletzungen, Stärken und Macken ans Herz.

Die trotz einer gewissen Harmoniesüchtigkeit mitreißende Tragikomödie holte beim Filmfest in Locarno den Publikumspreis.

Schweizer Wohlstandssamariterin trifft ungewöhnlichen Wilhelm Tell.

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Erstellt:
10.11.2014, 12:00 Uhr
Aktualisiert:
23.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 49sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2015, 12:00 Uhr

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