Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger

Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger

In dem märchenhaften Abenteuerfilm von Ang Lee treiben eine Junge und eine Raubkatze monatelang auf einem Rettungsboot im Ozean.

01.04.2013

Von Dorothee Hermann

17.09.2015 Jetzt im Kino: Im Rettungsboot mit einem Tiger - "Life Of Pi"
02:03 min
Jetzt im Kino: Im Rettungsboot mit einem Tiger - "Life Of Pi" --

Um in schwerer Seenot auch mental nicht unterzugehen, braucht es außer Schiffszwieback und Trinkwasser vor allem eins: die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen. Pi ist darin geübt, seit er als Kind seinen nach Pisse klingenden Vornamen Piscine auf die mathematische Kreiszahl verkürzte. Das war im malerischen Pondicherry an der indischen Riviera, wo es nach der Unabhängigkeit den Fortschritt bedeutete, statt eines starren Denkmals einen Zoo einzurichten, wo die Tiere durcheinander wuseln wie in einem paradiesischen Urzustand. Schon damit erweist sich der große Regisseur Ang Lee („Der Eissturm?, „Brokeback Mountain?) als Ausnahmebegabung für 3D, wie vor ihm nur James Cameron („Avatar?).

Das stark spirituell durchsetzte Idyll (der Junge Pi ist Hindu, Christ und Moslem) endet gleich doppelt. Der Frachter nach Kanada, den die Familie samt der Zoomenagerie besteigt, kentert in wütender See. Das Bild wird dunkel, und Horizont wie Kinoleinwand erfüllt ein tosendes Spektakel existenzieller Desorientierung, aus dem sich letztlich nur Pi und der bengalische Tiger Richard Parker retten können.

Doch man nimmt dem Film die Extremsituation nie ganz ab. Sie erscheint als bloßes Gedankenspiel gleich zweifach virtuell: als literarische Fiktion des gleichnamigen Bestsellers von Yann Martel, und durch die abstrakteste aller Filmtechniken, 3D. Das schlaue Mastermind, das alles zusammenfügt, sitzt unübersehbar in der Rahmenhandlung im sicheren Montreal.

Zum ersten Mal hat Ang Lee darauf verzichtet, einen Film durch unausgesprochene Konflikte der Figuren zu strukturieren. Pi ist allein mit einer Raubkatze ? und dem Luminosen. Für die psychologische Feinzeichnung bleiben da nur die Lichtstimmungen des Meeres, ein bisschen wie Fototapete.

Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger

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Erstellt:
01.04.2013, 12:00 Uhr
Aktualisiert:
26.09.2013, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 55sec
zuletzt aktualisiert: 26.09.2013, 12:00 Uhr

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Stimme zu! 04.01.201312:00 Uhr

ich stimme zu...und die goldene Himbeere für Filmkritik geht an das Tagblatt!

Wolfman 03.01.201312:00 Uhr

Kann mich den beiden Vorrednern nur vorbehaltlos anschließen. Ang Lee hat mal wieder eindrucksvoll aufgezeigt, dass er einer der derzeit besten lebenden Regisseure ist.

Theisentheis 03.01.201312:00 Uhr

Ich hab mich von Life of Pi emotional aufwühlen lassen. Nicht der Texte wegen, die gesprochen wurden, sondern der Bilder wegen.
Ein hervorragendes Film-Bilder-Spektakel, dass 2h Kino in Bestform bietet.
Der junge Hauptdarsteller ist unglaublich gut: vielleicht die beste Ein-Mann-Show seit Tom Hanks in Cast Away.
Ich freue mich, dass 2012 mit Cloud Atlas und Life of Pi zwei Big-Budget Filme etwas abseits des Mainstreams gewagt wurden: schade, dass sich davon nicht mehr Leute verzaubern lassen wollten...

Müde von Tagblatt Kinokritik 03.01.201312:00 Uhr

Ang Lees Life of Pi ist ein filmisches Meisterwerk und der beste, bewegenste und technisch brillianteste Film von 2012. Life of Pi wird den Oscar für bester Film gewinnen. Frau Herrmanns Filmkritik und die Filmkritik des Schwäbischen Tagblatts ingesamt ist mitlerweile nicht mehr auszuhalten in der Analysenmittelmäßigkeit, die an den Tag gelegt wird. Der Film besticht durch die Schönheit seiner Bilder, den gelungenen Erzählstrang und die emotionalen Wechsel, die ingesamt einen Film enstehen lassen, der den Zuschauer fesselt. Die emotionalen Verknüpfung wird vorallem durch eine im Kino selten gesehene Bildästhetik geschaffen und den perfekten Einsatz von 3D. Life of Pi ist letzlich ähnlich emotional bewegend wie Slumdog Millionair, gleichwohl poetischer, melancholischer und doch von lebensbejahrender Schönheit in seiner filmischen Übersetzung der Romanvorlage. Der Film gehört damit zugleich in die Kategorie der besten Literaturverfilmungen aller Zeiten und ist ein Meisterwerk.

Besonders erstaunt hat mich, dass das Thema an sich relativ uninteressant erscheint, man erwartet ein Märchen oder eine Kindergeschichte, meint eine Geschichte oder die Behandlung von zutiefst menschlichen Fragen, wie Moral, Miteinander, Verlust und Trauer nicht wiederzufinden. Der Film überrascht auch hier und die Erzähltechnik, die schauspielerische Leistungen und die Schönheit der Bilder machen den Film unvergesslich. Lediglich der Soundtrack hätte noch brillianter sein können. Insgesamt bleibt aber das Urteil: das ist der beste Film, das beste Kinoerlebnis aus 2012 bzw. 2013 (in Deutschland). Oscar!

Herr Gscheitle 02.01.201312:00 Uhr

Der Film ist das beste, was es die letzten Jahre im Kino zu sehen gab und der bis dato großartigste 3D Film. Es ist richtig, dass am Schluss eine sehr religiöse Pointe aus dem Arm geschüttelt wird und dass das für manchen Kinobesucher schon zu viel des Guten ist, trotzdem ist es faszinierend, wie sich aus der anfänglichen Unkompliziertheit eine gigantische Geschichte entwickelt mit unglaublichen Bildern. Für rein rationell denkende Büroangestellte ist das natürlich zu viel verlangt, für sie hat das Leben in klaren Linien zu verlaufen, oder wie es die Dame in der Reihe hinter mir zusammenfasste: "Jetzt ziehts sich". Die 2 Japaner am Ende des Films konnten auch nur ungläublich den Kopf schütteln, während ich mich von den wunderbaren Bildern verzaubern ließ. 5 von 5 Punkten, die einzige Benotung, die man diesem Film geben kann, alles andere wäre nicht gscheit.

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