Kommentar
Wohnungsstreit in Stuttgart: Klima- gegen Mieterschutz
Nach Protesten gegen Sanierungspläne des Finanzministeriums in Stuttgart hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag einen vorläufigen Stopp des Projekts verkündet.
Stuttgart. Günstigen Wohnraum abreißen für moderne Ausweichbüros – die Pläne des Finanzministeriums wirken instinktlos angesichts des Wohnungsmangels im Land. Sie passen zum Vorwurf, die Grünen vergäßen beim Klimaschutz die ökonomisch Schwächeren. Der Streit ist geeignet, Minister Danyal Bayaz (Grüne) zu beschädigen, der schon als Nachfolger für Ministerpräsident Kretschmann gehandelt wird. Deshalb prangert neben den verunsicherten Mietern auch die Opposition die Pläne an. Doch zur Wahrheit gehört: Das Projekt ist älter als Bayaz’ Ägide. Sie basieren auf Wünschen des Landtags, wurden von allen Fraktionen abgesegnet.
Im Kern prallen vier Themen aufeinander: Klimaschutz, Wohnungsnot, Flächenmangel, Sozialpolitik. Wer so tut, als gäbe es hier einfache Lösungen, macht sich etwas vor; diese Konflikte werden im Gegenteil noch deutlich zunehmen. Es ist gut, dass es nun einen neuen Gesprächsanlauf gibt, schon um der Transparenz willen. Richtig bleibt aber auch: Wer Klimaschutz zum Erfolg machen will, muss die ganze Gesellschaft mitnehmen. Egal wie die Lösung aussieht, sollte sie nicht zu einer Verschlechterung für die Schwächsten führen.