USA
Whistleblower stürzt Facebook in die nächste Krise
Enthüllungen einer Ex-Mitarbeiterin zum Umgang mit Fake News und Hass schädigen Ruf des Konzerns.
New York. Die Enthüllungen einer früheren Facebook-Mitarbeiterin über Versuche seitens des Unternehmens, die Verbreitung von Fehlinformationen, Hass und Gewalt zu kaschieren, könnte das soziale Netzwerk in seine bisher tiefste Krise stürzen. Frances Haugen (37), die etwa zwei Jahre lang bei Facebook arbeitete, identifizierte sich gegenüber dem US-Fernsehsender CBS als jene „Whistleblowerin“, die dem „Wall Street Journal“ für eine Sonderserie über Facebook interne Informationen zugespielt hatte.
Bis Mai hatte Haugen als Produktmanagerin in einer Abteilung gearbeitet, welche die Aufgabe hatte, Manipulationsversuchen bei demokratischen Wahlen, vor allem in den USA, einen Riegel vorzuschieben. Sie war allerdings der Auffassung, dass ihre Abteilung, die zwischenzeitlich aufgelöst wurde, weder mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet wurde, noch deren Arbeit von der Unternehmensleitung ernst genommen wurde.
Auch sprach sie in einem Interview von massiven Interessenkonflikten, bei denen Facebook nur den Geschäftsinteressen Vorrang einräumte. So hätten unter anderem interne Studien vorgelegen, die von schädlichen Folgen des Onlinedienstes Instagram für junge Nutzer berichteten. 2012 hatte Facebook die gerade bei Jugendlichen populäre Plattform für 1 Mrd. Dollar übernommen.
Wie aus den internen Dokumenten hervorging, hätte die Nutzung von Instagram vor allem bei jungen Frauen als Folge von verzerrter Selbstwahrnehmung und Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen zu Depressionen sowie Essstörungen geführt, sagte Haugen. Anstatt Gegenmaßnahmen zu ergreifen, hätte Facebook mit anderen Studien reagiert, welche die Folgen beschönigten.
Noch schlimmer sei es um die vorsätzliche Verbreitung von Fehlinformationen zu politischen Zwecken bestellt, behauptet Haugen. So sei der Aufstand im US-Kapitol am 6. Januar dieses Jahres teilweise auf Facebook organisiert worden. Dennoch hätte die Unternehmensleitung bewusst ein Auge zugedrückt. „Immer wieder gab es Interessenkonflikte zwischen dem Gemeinwohl und dem Ziel des Geldverdienens, und immer wieder entschied sich das Unternehmen für das Letztere“ behauptet Haugen.
Experten glauben, dass der Imageverlust gravierender sein könnte als nach dem Cambridge-Analytica Skandal vor drei Jahren. 2018 wurde bekannt, dass die Datenanalysefirma ohne deren Wissen Zugriff auf die persönlichen Informationen von Millionen Nutzern hatte: Diesmal könnten in dem demokratisch beherrschten US-Kongress schärfere Regulierungen des Internet-Giganten die Folge sein.
Peter DeThier